Freitag, 30. November 2012

Weinrallye: Ein schönes Paar!

Hundertachtziggrad lädt zur Weinrallye, Thema: "Food Pairing". Ha! Da sind wir dabei! Da fällt uns doch soofort, also, welchen Wein, schon klar, den kompliziertesten aus der Kollektion, der am meisten Potential, und dazu kochen wir ...

So fängt das an. Manchmal lohnt es sich aber doch, Texte und Gebrauchtsanweisungen bis zum Ende zu lesen, und zwar nicht erst einen Tag vor Abgabeschluss, wenn man glaubt, die Geschichte völlig easy im Sack zu haben und nur noch schnell runterschreiben und schnell ein paar Bilder einbinden zu müssen. Aber dazu später mehr.

Also, Food Pairing. Wir haben da ja diesen Wein.  
Blauschiefer. Riesling. Alte Reben, Schiefer, Steilhang. Etwas früher gelesen als der Alte Reben, etwas mehr Säure, weigerte sich, durchzugären und blieb im halbtrockenen Bereich stecken. 
VKN? 
"In der Nase intensive Mineralik, Schiefer, reifes Steinobst, Reineclauden, ein bisschen kräutrig, ganz dezent honigsüßliche Noten.
Auf der Zunge saftig, fest, Pfirsich und Reineclaude, schönes Süße-Säure-Spiel, tolle Länge, ein Wein, der jetzt schon mal ein bisschen mit den Muskeln spielt und bestimmt eine tolle Entwicklung durchlaufen wird, wenn er nicht vorher schon ausgetrunken ist."
Unser Liebling, und der Wein, der am meisten unterschätzt wird. 
Also: Was kochen wir dazu?
Ich: So ein bisschen was Nussiges hat er ja auch. 
Lars: Ja, und die Süße schmeckt man gar nicht so sehr. 
Ich: Irgendwas Richtung Vorderer Orient. 
Lars: Ja, aber mit Fleisch. Und mit Säure in der Sauce!
Ich: Ich hab da ne Idee. Superlecker, sieht aber panne aus. Naja, können wir dann ja auch gleich bei Ugly Food posten.
Die Idee: Faisinjan. Ente mit Walnuss-Granatapfelsauce. Göttlich. Geschmacklich. Dazu etwas Halbtrockenes mit Wucht und ohne Holz ... klinggt wie ein gutes Paar.
Faisinjan (oder Fesenjan) ist ein Rezept aus der von mir sehr geliebten persischen Küche. Die Ente wird zerlegt, in Butter angebraten und dann unter Zugabe von Wasser gar geköchelt. Parallel dazu bereitet man die Sauce zu, schwitzt Zwiebelwürfel an, gemahlene Walnüsse, löscht mit Brühe ab, köchelt ein, gibt Granatapfelsaft und Safran dazu, köchelt ein ... ein wunderbares, wärmendes, tröstlich-aromatisches Winteressen, das meilenweit von der breitdeftigen Winterbrumsküche unserer Heimat entfernt ist.

Für zwei nicht übermäßige Esser ist eine Ente eine Herausforderung, wir haben deshalb schöne fleischige Entenbrüste beim Geflügelhändler uV besorgt. 
Und dann geht es ganz einfach so:


Faisanjin für zwei 

2 Entenbrüste à 300g
1 rote Zwiebel
1 Esslöffel Butter oder Entenfett
75 g Walnusskerne, fein gemahlen
200 ml Geflügelfond
ca. 200 ml knalltrockener Riesling
Saft und ein zwei Esslöffel Kerne eines reifen Granatapfels
etwas Himbeeressig
1 Briefchen Safranfäden
Salz, Pfeffer, Zucker, evtl. Limettensaft

Backofen auf 80 Grad vorheizen. Entenbrüste auf der Fettseite rautenförmig einschneiden, die Brüste mit der Fettseite nach unten in eine kalte gusseiserne Pfanne legen, auf kleiner Flamme langsam ausbraten, bis die Fettseite schön braun ist. Wenden, Fleischseite Farbe nehmen lassen, abermals wenden, dann die Pfanne mit den Brüsten für 15-20 Minuten in den Ofen geben. Nach 15 Minuten Druckprobe machen.

In der Zwischenzeit die fein gewürfelte Zwiebel in fett glasig schwitzen, Nüsse dazu, ebenfalls anschwitzen, mit Fond ablöschen, einkochen lassen, Riesling dazu, einkochen lassen, Saft dazu, Safran in etwas heißer Sauce auflösen, zugeben, Salz, Pfeffer, einkochen lassen, abschmecken mit Himbeeressig und Zucker, evtl. noch etwas Limettensaft und so weiter ...
Die Sauce lässt sich gut im Voraus zubereiten! Zum Schluss die Granatäpfelkerne zugeben, ein paar für die Deko zurückbehalten.
Ente aus dem Ofen holen, in Scheiben schneiden, anrichten.

Ok. Das ist bei Ugly Food der Knackpunkt. Entenbrust, fein, aber diese Sauce, die wird auch durch ein paar Granatapfelkerne optisch nicht gerettet, da hilft auch der beigelegte Reis nicht.

Augen zu und durch: Es schmeckt hervorragend. Wirklich!
Das süßliche rosafarbene Entenbrustfleisch, die Röstaromen aus der knusprigen Fettseite, die erdige, nussige Komponente des Sauce mit dem dezenten Säurespitzchen steckt der Riesling locker weg, mehr noch, er unterstützt es und entfaltet seine ganze Wucht und strahlende Mineralität mit diesem herrlichen Gericht als Begleitung - Food-Wine-Pairing mal anders herum.
 

Ist übrigens imho/ioho auch weihnachtsmenütauglich, mit einem kleinen Fischgang davor, davor einem Süppchen, einem Salat als Auftakt und einen schönen Dessert zum Schluss. 

Und die ganzen anderen Fragen beantworten wir morgen. Vielleicht.

Montag, 5. November 2012

Smørrebrød: Æg med rejer

Wie von Christin angekündigt, werde auch ich Heike eins schmieren.
Und als "Träger des schwarzen Gürtels im Smørrebrød schmieren" werde ich eins mit Eiern und Krabben servieren. Relativ einfach zu produzieren, schmeckt aber köstlich.

Dazu braucht man:

Roggenbrot
gesalzene Butter
Ei(er)
Mayonnaise (am besten selbst gemacht)
Grönlandkrabben
Kaviar vom Steinbeißer
eine dünne Scheibe Zitrone
ein bisschen Dill

Brot schmieren, Eier in Scheiben darauf legen, einen dünnen Streifen Mayonnaise seitlich rechts von der Mitte des Brotes platzieren. Die Krabben darauf arrangieren , auf der anderen Seite der Brotscheibe einen Streifen Kaviar anrichten. Als i-Tüpfelchen eine dünne Scheibe Zitrone und ein Zweiglein Dill obendrauf.
Fertig!


Dazu Bier – heute wird es ein (Helles) Augustiner aus München. Am Wochenende geht natürlich
auch ein Schnaps dazu. Ich empfehle hier entweder einen Dill Snaps oder einen mit Kümmel…

(Anmerkung der Übersetzerin: Dieses Smørrebrød [smörrebröll] spricht sich [äg mell reier] aus.)

Butterbrot Event

Schmier Dir das mal ab!

Einfach nur schnell ein Butterbrot schmieren? Nix da! 
Aber Heike will Butterbrot. Soll sie kriegen! Butterbrot, bis der (Tier)Arzt kommt! Und einfach ist hier nix, schmier Dir das mal gleich ab.

Butterbrot, aber dänisches! Die dänischen Butterbrote bzw. Smørrebrøds sind oft richtige kulinarische Kunstwerke, hoch mit Belag betürmt, liebevoll verziert, zu essen nur mit Messer und Gabel. Und sie haben häufig phantasievolle Namen, da gibt es "Sonne über Gudhjem", "Sternschnuppe", "Victor Borge", und das "Abendbrot des Tierarztes" - "Dyrlægens natmad". Und weil der dänische Hospitant mir das als erstes gekocht - naja, geschmiert - hat, war eines der ersten dänischen Wörter, die ich (neben diversen Flüchen) lernte, "Dyrlægen" - Tierarzt.

Roggenbrot, Salzbutter, Leberpastete, Rindersaftschinken, Jus, Zwiebelringe. Fertig.
Allerdings stellt die Zubereitung eines echten dänischen "Dyrlægens natmad" einen hierzuland vor gewisse logistische Herausforderungen. Oder vielmehr Herausforderungen der Beschaffung. Ohne Kriminalität. Und mich damit vor eine der kleinen internen Diskussionen über die Qualität deutscher Lebensmittel im Allgemeinen und Besonderen. Und wir reden noch nicht mal über Fisch, sondern über Roggenbrot, Butter (!), Leberpastete (!!) und Rindersaftschinken (!!!). Wenigstens über Jus und Zwiebeln müssen wir nicht reden.

Roggenbrot ist Roggenbrot und wird geschnitten gekauft. Kein Problem.

Butter. Natürlich Salzbutter. Die französische mit Fleur de sel wird vom Träger des schwarzen Gürtels im Smørrebrød-Machen zähneknirschend als Alternative akzeptiert, die meisten deutschen dagegen nicht. 

Leverpostej. Leberpastete. Hat nur wenig mit dem zu tun, was man hier unter diesem Namen kaufen kann. Gibt es in dänischen Metzgereien und Supermärkten in kleinen Aluschälchen, wird gerne noch ofenwarm gekauft und bedarfsweise zu Hause noch mal aufgewärmt. Etwas körnige, grobe Konsistenz, fester als Leberwurst. Gibt's hier nicht, also kaufe ich schnittfeste Leberpastete. Schmeckt anders, geht aber durch.


Rindersaftschinken. Ohje. Das Original sieht "Saltkod" vor. Gepökeltes, gekochtes Kalb- oder Rindfleisch. Also Rindersaftschinken, sag ich doch. Nein, Saltkod sei heller. Mir doch wurscht. Rinder_saft_schinken, basta.

Jus. Auf dänisch "sky". Das Wort steht auch für "Wolken". Gelierter Bratensaft. Das kenne ich von den hannöverschen Omabesuchen meiner Kindheit, da gab's das bei jedem Metzger fertig zu kaufen. Und ich habe es ge_liebt. In Dänemark kann man das auch fertig kaufen. Machen wir auch immer und nehmen welches mit nachhause. Schmeckt super. Wenn man nicht versehentlich das mit Pilzen erwischt. ICH hab das nicht in den Einkaufswagen gelegt! In Ermangelung hannöverscher Metzgereien mache ich Jus selbst. Kalbsfond und Gelatine. Fertig.

Und die deutschen Zwiebeln sind genehmigt, uff.




Jetzt wird geschmiert.

Brot, Salzbutter, Leverpostej. Und es beginnt der Glaubenskrieg: Dann erst Sky und dann Saltkod  - leichter zu essen - oder erst Saltkod, dann streifenweise Sky und dann die Zwiebelringe?
Der Hospitant bevorzugt die nutzerfreundliche Version, ich habe für Heike jetzt das "Original" nachgebaut.





Sehr traditionell und sehr gut und sehr bezahlbar kann man Smørrebrød in Kopenhagen bei Ida Davidsen essen. Ein kleines Kellerlokal, eine Institution. Und hier wurde auch Dyrlægens natmad erfunden - der Name rührt von einem Stammkunden, der Abend für Abend das gleiche Smørrebrød bestellte.
Roggenbrot, Salzbutter, Leberpastete, Rindersaftschinken, Jus, Zwiebelringe. Fertig.



Wir hatten beim letzten Mal trotzdem was anderes. "Victor Borge" - Mayonnaise, Lachs, Steinbeißerkaviar - und eines, das der Hospitant hoffentlich morgen noch postet. Und dazu: Bier! Skål!





Butterbrot Event