Mittwoch, 15. Mai 2013

Alles neu ...

... macht der Mai.

Die Weinberge sind förmlich explodiert. Überall Grün und Gelb und Weiß, an den Stöcken, unter den Stöcken, in den Rebzeilen. Am Wochenende müssen wir mähen.

Und, wichtiger, wir haben gefüllt.
Vergangenen Samstag, mit viel Hilfe der netten Nachbarn, Kollegen und Freunde. Danke dafür.

Unser 2012er ist jetzt auf der Flasche. Wie angekündigt, trocken. Knalltrocken. Mit ordentlich Säure.

Here we go ....

2012 Riesling Kabinett trocken
"Kreuzweise"
Rüdesheimer Magdalenenkreuz
1,0 g Restzucker, ca. 7 g Säure, 11,5 %

In der Nase saftige Steinobstfrucht, weiße Blüten, Orangenschalen, leicht rauchige Mineralik.
Am Gaumen Aprikosen- und Mandarinenfrucht, feine Würze, leicht, aber nicht dünn, eine Art schwebende Eleganz, gute Länge mit mineralischem Abgang.

2012 Riesling Spätlese trocken
"Drei Kreuze"
Rüdesheimer Magdalenenkreuz
4,0 g Restzucker,  ca. 8 g Säure, 12,0%

In der Nase rauchige, fast speckige Töne. Leicht salzig und nussig, kühle Steinobstfrucht.
Auf der Zunge fest und straff, steinige Mineralik, rosa Grapefruit, kühl, tiefgründig,  mit viel Länge.

2012 Riesling Spätlese trocken
"Alte Reben"
Oberdiebacher Fürstenberg
0,5 g Restzucker, ca. 8 g Säure, 12,5 %

In der Nase Zitrus, Reineclaude und grüner Tabak. Zartsüßliche florale Noten, heller Mandelkrokant, tief und mineralisch.
Auf der Zunge frisch, wieder Zitrustöne, helles Steinobst, straff und fest gewirkt, animierende Säure, sehr tiefgründig und klar, kühle Schiefermineralik, bleibt lange, lange am Gaumen. Wucht, Druck, Kraft, das ist ein Langstreckenläufer.



Was ist sonst noch interessant?

Die Namensgebung verlief analog zum ersten Jahrgang - im Rheingau spielen wir mit den Lagennamen, am Mittelrhein heißt die trockene Spätlese "Alte Reben", die halbtrockene (die wir 2012 nicht gemacht haben) "Blauschiefer" und der Kabinett ... warten wir den Jahrgang 2013 ab.

Rüdesheimer Magdalenenkreuz also. "Bekommen" haben wir die wunderschöne Parzelle durch eine schlichte Annonce im lokalen Wochenkäsblatt, da stand der Name für einen Wein sofort fest: Drei Kreuze, dass das geklappt hat! ( Und wie als Bestätigung dröhnte am ersten Lesetag "Altes Fieber" von den Toten Hosen auf SWR3, als ich in den Wirtschaftsweg in den Wingert abbog .. "Drei Kreuze, dass wir immer noch hier sind .."). Soll wohl so sein.

Mit dem zweiten Namen haben wir uns schwerer getan, von "Kreuzlahm" über "Kreuzbrav" bis zu "Kreuzweise" war alles im Rennen. Bis zu dem Abend, an dem wir mit dem Pächter des Weinbergs telefonierten und er zerknirscht gestand, dass der Vertrag von Seiten des Besitzers nicht verlängert worden sei und wir daher nicht wie geplant auch 2013 ... KOCH! Und kreuzweise, ehrlich.

Ach so: Falls irgendeiner unserer geneigten Freunde, Leser, Kunden ... eine Idee hat, wo und bei wem wir im Rheingau bis zu einem halben Hektar Rieslingwingert, GERNE Steillage, gerne alte Anlage, pachten können oder wenigstens in diesem Jahr Trauben kaufen können - bitte, bitte Meldung an uns! 

Jedenfalls: Die Weine sind gefüllt, gehen jetzt zur AP-Prüfung und sind hoffentlich ab Anfang Juni im Verkauf.

Freitag, 3. Mai 2013

Eine Art Familientreffen, ein Froschkönig und die üblichen Verdächtigen

Die Prowein ist sowas wie eine alljährliche Klassenfahrt. Morgens auf der Autobahn sieht man ab dem Schiersteiner Kreuz,spätestens aber hinterm Frankfurter Kreuz bekannte Autos, Kennzeichen, Gesichter. Bei den wenigen Unbekannten rät man - wer rast wohl am Sonntag in aller Herrgottsfrühe gen Nordwesten, Nummernschild aus irgendnem Weinanbaugebiet, Hemd und Krawatte, Sakko am Haken?

Sehr viel kleiner und vertrauter geht es in Mainz zu. Wenn die Prowein das Klassentreffen ist, dann ist die Weinbörse eine Art Familientreffen. Immer am letzten Aprilwochenende, immer gleichzeitig mit den Rheingauer Schlemmerwochen, fast immer bei schönem, oft warmen Wetter. Immer mehr oder weniger die gleichen Gesichter, vor und hinter den Ständen. Immer mit einem einzigartigen Überblick über das Who is Who der deutschen Topwinzer. Und immer zwei viel zu kurze Tage mit viel zu viel Programm und viel zu langen abgearbeitet zu werden wollenden Listen.


Über den (vorrangig) präsentierten Jahrgang 2012 ist schon viel geschrieben worden.
Unser Eindruck nach Prowein, Weinbörse und diversen Stippvisiten bei (noch) unbekannteren Winzern: Ein gutes Jahr. Keine Ausreißer nach unten, fast kein Wein, der uns so gar nicht gefiel. Ein Jahr mit guten Voraussetzungen für Winzer, die konsequent gearbeitet haben. Ein Jahrgang mit Säure. Und mit auffallend mehr Winzern, die sich trauen, die Weine nicht gefällig und nett auszubauen, sondern mit mehr Ecken und Kanten, und zwar quer durch alle Anbaugebiete. Den mancherorts proklamierten tiefen Graben, der den VDP in Sicherheitslangweiler und junge Wilde spaltet, haben wir so nicht gesehen. Dafür an vielen Ecken Mut zu Neuem, das vielleicht in Wirklichkeit das Alte ist, aber selten konsequent durch die komplette Kollektion. Zum Teil mag das auch schlicht dem Generationenwechsel in den Weingütern geschuldet sein.
Aber, ja, es bewegt sich was.



Unsere Eindrücke in Kürze - eine Momentaufnahme, wir haben bei weitem nicht alles geschafft.

Mosel.Clemens Busch mit einer hervorragenden Spätlese Marienburg, noch als Fassprobe, kandierte Früchte, ananasmarzipanig, großes Theater.
Weingut Milz-Laurentiushof - hatten wir bislang eher weniger auf dem Schirm. Riesling 180° trocken, mineralisch süffig, viel saftige Frucht und ein Zuckerschwänzchen. Gut, aber besser gefiel uns das (2011er) Große Gewächs aus dem Leiterchen. Tief, viel Schmelz und Würze, sehr dicht.

Mittelrhein. Lanius-Knab. Steeger St. Jost. Trockene, reife Frucht, zupackende Säure. Kernig. Gut.

Ab an die Nahe. Diel. Die Weine wirken allesamt sehr burgundisch, cremig und schmelzig, blind hätten wir vielleicht nicht alle Rieslinge als solche identifiziert.

Prinz Salm präsentierte einen Riesling "Grünschiefer" - etwas parfümiert wirkend, eher der leichtere Typ, und tatsächlich - Synästhetiker aufgehorcht! - "dunkelgrün" schmeckend.

Rheinhessen. Stefan Winters Weine hatten uns schon am Vortag auf der Ortsweinpräsentation gut gefallen . Hier: Geyersberg. Fest und straff, rauchige Mineralik, gute Säure. Schön.

Pfalz. Bürklin-Wolf. Ein Gutswein, den man wahrscheinlich blind erkennen würde. Trocken, kernig, animierend, ein guter Trinkwein. Visitenkarte mit Wiedererkennungswert.

Weingut Kranz mit einer Fassprobe "Vom Landschneckenkalk" - ein Ortswein. (Dazu demnächst mehr.) Sehr schlank, dabei saftig und frisch, kühle Mineralik. Das 2011er GG Kalmit mit viel Melonenfrucht und salziger Mineralik.

Theo Minges. Ein Wein, der Froschkönig heißt. "Old-school"-Freaks, aufgepasst! Fassprobe, Jahrgang 2011. 3000 Liter. Lange Maischestandzeit. Rein spontan vergoren. 16 Monate auf der Vollhefe sich selbst überlassen. Bestes Lesegut und Vertrauen des Winzers darin, dass der Wein "wie ein Pubertierender" seinen eigenen Weg findet. Reife Steinobst- und weiße-Beeren-Aromen. Ungemein tiefgründig und vielschichtig, noch ein bisschen unruhig, aber mit viel Druck. Chapeau.


Franken. Bickel-Stumpf. Frickenhauser Kapellenberg, Fränkischer Gemischter Satz trocken. Silvaner, Riesling, Traminer, Elbling, Gelber und Roter Muskateller sowie Heunisch. Irgendwas vergessen? Zart, süffig, charmant, ein unkomplizierter Sommerwein. Daneben der Silvaner trocken vom Frickenhausener Kapellenberg. Schöne, feste Frucht, Steinobst, viel tiefe Mineralik.

Rheingau. Eigentlich wollten wir uns das für die Schlemmerwochen aufheben, aber wenn man schon mal da ist ... Flick. Hochheimer Königin Victoriaberg. Riesling trocken. Ein mächtiger Wein, viel süßliche, dicke Frucht, Alkohol und Länge. Charmanter der Riesling aus dem Wickerer Nonnberg, tolle Nase, saftig und rund, opulent, aber nicht breit.

Graf von Kanitz. Riesling Lorch Quarzit. Rauchige Mineralik, verhaltene süßliche Frucht, knallige Säure. Stark!

F.B. Schönleber. Eine der Neuaufnahmen. Riesling Mittelheimer Edelmann. Sehr kernig, mal wieder viel, gute Säure, ausgesprochen unsüß, tiefe, würzige Mineralik.


Die üblichen Verdächtigen, quer durch alle Anbaugebiete - durchgängig groß. Nicht überraschend, aber erfreulich.

Ob der VDP sich mit der neuen Lagenklassifikation hingegen einen großen Gefallen getan hat, ob und wie das beim Verbraucher jenseits der Freak-Szene ankommt - viele offene Fragen. Demnächst in diesem Theater.