Wein und Politik - das bedeutet auch: Wein und Weinauszeichnungen.
Was es da nicht alles gibt. Kammerpreismünzen in Bronze, Silber und Gold. Staatsehrenpreise. DLG-Preise. Wettbewerbe wie "Best of Riesling", "Mundus Vini", "Berliner Wein Trophy", um nur ein paar, grad so aus der Lameng, zu nennen. Geboren, klar, aus der Idee, Weine besser zu promoten. Weinbaupolitik. Landespolitik, Lobbypolitik, Verlegerpolitik.
Bei Weintrinkern reicht die Akzeptanz von Begeisterung über Belächeln bis zu Verdammen. Bei den Weingütern gilt wohl Ähnliches. Nicht jeder spielt überall mit, will überall mitspielen, die Teilnahme ist häufig auch mit ordentlichen Anstellkosten verbunden. Nicht jeder will oder braucht dieses Marketinginstrument, auch das. Und dann gibt es wieder renommierte Weingüter, die das alles nicht brauchen und es trotzdem partiell machen - wie Gunter Künstler aus dem Rheingau, der regelmäßig zur Landesprämierung anstellt und genauso regelmäßig goldene Kammerpreismünzen und Staatsehrenpreise abräumt.
Um so spannender, eine Prämierung mal von der anderen, der Jurorenseite zu erleben. Das Deutsche Weininstitut hatte zum ersten Mal einen Sonderpreis für den besten deutschen Burgundersekt sowie den besten
Weißburgunder, Grauburgunder und Spätburgunder aus Deutschland ausgelobt.
Insgesamt hatten im Vorfeld
fast 1000 Weine und Sekte an einer bundesweiten Vorauswahl (Bestnote AP-Prüfung und DLG-Prüfung) teilgenommen, knapp
30 schafften es dann in die Endrunde, wo sie von einer Jury aus Sommeliers und
(Wein)Journalisten blind verkostet wurden.
Fünf Sekte, sieben Weißburgunder, acht Grauburgunder, zehn Spätburgunder. Auf der Probenliste standen nur Jahrgang, Rebsorte, Qualitätsstufe und Erzeugnis=Süßegrad. Jeder Juror wählte innerhalb eines Flights die Top 1, 2, 3, dann wurde abgeglichen.
In jeder der vier Kategorien
lagen die Top 3 dicht beeinander, doch die jeweiligen Sieger stachen am Ende
doch klar heraus.
Der Preis für den besten
deutschen Burgundersekt des Jahres ging an die Pfälzer Sektkellerei Martinushof
aus Niederkirchen in der Pfalz für ihren 2011er Pinot Blanc de Noir. Von diesem
Sekt gab es nur 3.000 Flaschen, die inzwischen ausverkauft sind. Der Sekt lag
15 Monate auf der Hefe und bekam nach
dem Degorgieren eine Dosage mit einer TBA.
Ein saftiger, cremiger Sekt,
feine Fruchtnoten, nussige Würze, kräftiges Rückgrat, viel Schmelz und Stoff.
An Hof kostete dieser Sekt 9,50 Euro.
Das Ehepaar Hilarius und
Martina Reinhardt betreibt den Martinushof erst seit 12 Jahren. Hilarius
Reinhardt hat das Handwerk von der Pike auf gelernt und war viele Jahre Produktionsleiter
bei einer der größten deutschen Sektkellereien, Schloss Wachenheim. Inzwischen
sind er und seine Frau neben der eigenen Produktion als Lohnversekter für 14 VDP-Weingüter tätig.
Als bester Weißburgunder
wurde ebenfalls ein Vertreter aus der Pfalz ausgezeichnet, diesmal ein
Wein einer Winzergenossenschaft, der
2012 Weißburgunder „Nr. 1“ der Vier Jahreszeiten Winzer aus Bad Dürkheim.
Dieser Wein stammt aus einer
limitierten Edition, für die ausgewählte Winzer die Trauben zugeliefert haben,
insgesamt umfasste die Produktion ca. 4000 Flaschen. Der Wein lag sechs Monate
auf der Hefe, wurde alle zwei bis drei Tage einmal aufgewirbelt und zu 100
Prozent im gebrauchten Barrique ausgebaut.
Ein stoffiger, dichter
Weißburgunder, saftige Melonenfrucht, nussige Noten, süßlicher Schmelz,
spürbares, aber schon gut eingebundenes Holz. Für 11,80 Euro ab Hof ein
exzellenter Kauf.
Die Vier Jahreszeiten Winzer
gehören seit Jahren zu den besten Winzergenossenschaften Deutschlands, die bei
enormer Größe (ca 500 ha) bis hinunter ins Basissortiment gute Qualitäten zu
günstigen Preisen produzieren.
Bei den Grauburgundern kam
der Siegerwein abermals aus der Pfalz: der 2012er Grauburgunder Schlossberg vom
Weingut Wilker in Pleisweiler-Oberhofen. Der Wein wurde zu 60 Prozent in großen
Holzfässern mit 500 Litern Kapazität vergoren und lag dort etwa vier Monate.
Ein kräftiger, stoffiger
Grauburgunder, viel süßes Holz, Schmelz, saftige Frucht, mit guter Länge. Ein
hervorragender Essensbegleiter, ab Hof für 7,90 Euro zu haben.
Die Wilkers bewirtschaften
etwa 20 ha, der Rebsortenspiegel reicht vom Klassiker Silvaner über Riesling,
diverse Burgundersorten und Bukettrebsorten bis zu Dornfelder, Spätburgunder
und Cabernet Sauvignon. Zum Weingut gehört ein Landhotel mit angeschlossenem
Restaurant, das auf moderne regionale Küche setzt.
Der vierte und letzte Sonderpreis für den besten Spätburgunder ging nach
Baden, an den 2010er
Spätburgunder Spätlese trocken von alten Reben aus der Lage Durbacher Kochberg
vom Weingut Heinrich Männle aus Durbach. Der Wein wurde zu 100 Prozent im
Barrique ausgebaut und war mit 27,50 Euro mit Abstand der teuerste unter den
Siegerweinen.
Das Weingut ist seit fast 300 Jahren
in Familienbesitz, bewirtschaftet werden ca. 5,5 Hektar, überwiegend mit
Rotweintrauben – Heinrich Männle ist auch besser als „Rotwein-Männle“ bekannt.
Bild: Ernst Büscher, Deutsches Weininstitut |
Bei der Preisverleihung in Mainz (durch die neue deutsche Weinkönigin, Nadine Poss) wurden die Weine im Rahmen eines kleinen festlichen Diners präsentiert. Gutes Matching auf der gesamten Strecke!
Und das Fazit?
Im Glas: Zweifelsohne sehr gute Weine. Weine, die den Weg durch die unterschiedlichsten Jurys überlebt und bestanden haben. Weine, die auf hohem Niveau allgemeinverständlich und damit auch hervorragend zu verkaufen sind. Gut für den Absatz.
Schwer zugängliche Weine mit Ecken, Kanten, verstecktem Potenzial sind hier praktisch chancenlos, wenn sie nicht eine starke Lobby haben, die den Weg für sie ebnen und die Werbetrommel rühren. Genau wie in der Politik.
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