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Freitag, 27. November 2015

Weinrallye #92: Farbe bekennen!


Sorry, dies ist die Weinrallye, hier sollte es in erster Linie um Spaß und Genuss gehen, um Leichtigkeit des Seins und Unernsthaftigkeit. Mir hat es, so selten, wie ich, wie wir bloggen, nur leider derzeit den Appetit dafür verschlagen.

Als ich, als wir die Einladung zur Weinrallye 11/15 ausgesprochen haben, erschien uns das sehr entspannt. Als Peter mich daran erinnerte, dass wir die Gastgeber sind, war ich auch noch halbwegs entspannt. Halbwegs, weil inzwischen so viel passiert war. Tatsachen, die unserer Regierung Entscheidungen abverlangten, viele Menschen auf der Flucht, die über unsere Grenzen kamen, unserem Gemeinwesen auf die Probe stellten, und einerseits nie geahnte Solidaritäts- und Hilfswellen auslösten und andererseits die Artikulierung von Besorgnis, Ängsten, aber auch Unkenntnis und blanker Fremdenfeindlichkeit zur Folge hatten.

Darum das Motto "Farbe bekennen", so vielschichtig, wie man es verstehen kann und will. (Und wie es auch verstanden wurde, wenn ich an die bisherigen Beiträge denke.)

Dann kam der 13.11. Der mich, der uns traf. Ja, auch wenn tagtäglich weltweit viele Menschen sterben, für die wir unsere Facebookprofilbilder nicht ändern. Und das fordert Haltung, so oder so.

Zwei Wochen ist das her, die Welt hat sich weiter gedreht, aber die Unsicherheiten und Auseinandersetzungen sind nicht weniger geworden. Die Lage ist gefühlt angespannter denn je, was unser kleines Mitteleuropa betrifft, die Bedrohungen sind für uns spürbar. Und auch das verlangt Haltung - der Zivilgesellschaft und der Politik. 
Und nötigt mir Respekt ab angesichts der Menschen - auch der politisch aktiven und führenden - die es nicht zulassen, dass die Flüchtlingskrise und die betroffenen Menschen als argumentativer Spielball missbraucht werden.

Was ich in den vergangenen Monaten verstanden habe: Nicht jeder, der Vorbehalte und Ängste hat, ist deswegen ein fremdenfeindlicher Idiot. Wir müssen alle miteinander reden. Erklären. Verstehen. Menschen ernst nehmen. Es ist nicht alles einfach und nicht alles gut, wir müssen die Probleme benennen, versuchen. Lösungen zu finden. Ich glaube, das tun wir auch - "wir" auch mit Blick auf meine Kollegen.

Was ich aber auch zunehmend lerne: Ich bin nicht mehr bereit, Diskussionen um der Diskussion willen zu führen. Mich in spitzfindige feingeschliffene Diskurse verstricken zu lassen, in denen es nur noch um die Eloquenz geht, und so gar nicht um die Sache, weil die den Diskutanten viel zu profan ist. L'art pour l'art - sorry, not my piece of cake. Nicht hier.


Ich finde es großartig, dass viele Menschen ziemlich undogmatisch Stelllung beziehen, Farbe bekennen, etwas anstoßen. Ob das Winzer wie Thilo Strieth oder Bauer sind, ob das die Wein gegen Rassismus-Kiste ist. Ob der SWR, der ganz praktisch News for Refugees macht. 

Oder ob es um Auftritte mit Symbolkraft geht - Beethoven gegen die AfD. Ja, symbolisch. Ohne konkreten Effekt. Aber Symbole gehören zu dem, was uns bewegt.
Große Symbolkraft ging am vergangenen Wochenende von der "Probe" des Mainzer Staatstheaters aus, die just zu der Zeit stattfand, als die AfD auf dem benachbarten Gutenbergplatz eine Kundgebung abhielt. Die Wucht und Lautstärke der "Ode an die Freude" wäre geeignet gewesen, die Mauern von Jericho zum Einsturz zu bringen - hier behinderte sie im Viertelstundentakt nur die Anhänger von Frauke Petry, die in die Mainzer Innenstadt gekommen waren.

Das nenne ich Farbe bekennen. Unaufgeregt, ohne Rot zu sehen, klar in der Sache, unmissverständlich. Und ich finde auch die Erklärung des Intendanten, der die Aktion verteidigt, absolut nachvollziehbar.

Der Vollständigkeit halber: Die Aktion hatte übrigens ein Nachspiel - erst hat die Polizei Strafanzeige erstattet, wegen Störung der AfD-Kundgebung in grober Art und Weise, was gegen das Versammlungsrecht verstoße, später auch die AfD - ebenfalls wegen grober Störung und außerdem wegen der Verbreitung von Hassparolen. Als Beleg führte ein AfD-Sprecher den Vorwurf von Teilnehmern der Kundgebung an, dass Theatermitarbeiter versucht hätten, ein Plakat mit der Aufschrift "AfD verrecke" am Theater aufzuhängen, was die Polizei verhindert habe. Das Theater widerspricht - Sprecherin Fritzinger sagte dem SWR, das Transparent sei definitiv nicht von einem Mitarbeiter des Theaters angebracht worden. "Sobald wir das Banner entdeckt hatten, haben wir es entfernt." Und man habe dies auch am Samstagabend umgehend der Polizei so mitgeteilt." Inzwischen gibt es auch eine Petition gegen die Einleitung eines Strafverfahrens.
So viel Text, so wenig Wein. Der kommt jetzt. Es ist ja Weinrallye, trotz alledem.

Der Wein ist der Nachfolgejahrgang des 2013er ROTHENBERG, über den ein paar kurze, von Manfred Klimek geschriebene Zeilen die Gemüter erhitzte - Ihr wisst schon, der ausgespülte Aschenbecher ... (Ja, Klimek schreibt "2014", aber er hat de 2013er probiert, glaubt mir.
Den rieche und schmecke ich zwar (glücklicherweise) im 2014er auch nicht, dafür aber eine tiefe, würzige Mineralität, ein bisschen Salzigkeit (hey, wir sollten Wein-Bullshit-Bingo spielen).
Im Glas: 2014 ROTHENBERG, Riesling QbA trocken, Rheingau, DALGAARD&JORDAN.
In der Nase reifes Steinobst, kühler, nasser Stein, Rosen, ein bisschen grüner Tabak. Auf der Zunge trockene, trotzdem saftige Frucht, ein bisschen getrockenete Birne, Steinobst, das alles fest und straff, intensiv und mineralisch, lang und würzig. Der Wein kann Luft gut vertragen, nach ein, zwei Tagen (zugeschraubt im Kühlschrank stehend) macht er deutlich mehr Spaß als frisch geöffnet.

Weiter geht's mit den Beiträgen zur Weinrallye#92 - was ich bis jetzt gelesen habe, ist sehr schön, sehr unterschiedlich, sehr ... bunt. Farbe bekennen, so oder so.

Gastbeitrag: Weinrallye #92: Farbe bekennen!


Es ist der letzte Freitag im November, es ist Weinrallye, und wir freuen uns, in diesem Monat Gastgeber für dieses Blogevent sein zu dürfen.

Noch mehr freuen wir uns aber über den Gastbeitrag von Ronja, mit dem wir den Startschuss für die heutige Rallye geben.


Farbe bekennen auf einem Weinblog? Och nö, wie langweilig, da gibt’s doch nur rot oder weiß….. naja ok, im Sommer vielleicht auch noch Rosé – wenn man das überhaupt sagen darf?
Wenn in einem Restaurant auf die Frage nach Wein die Gegenfrage „rotoderweiß?“ kommt, vielleicht noch gekrönt von „trockenoderlieblich?“, empfiehlt sich ein Bier.

Dabei ist das mit dem rot oder weiß auch garnicht so einfach:

„Weißwein ist eher gelblich und Rotwein wird aus blauen Trauben gemacht“
(Zitat, weiß leider nicht, von wem)
Aber es geht ja noch weiter:  Die Trauben für den „Weiß“wein sind ja auch eher gelb-grünlich oder bräunlich bis grau-rosa … der Wein von blassgold bis tief-bernstein - weiß ist am Weißwein ja  garnix …. logisch, sonst wärs ja Milch ….

Farbe BEKENNEN … schreibt Tin, egal wo und wie ….. hmmm ….

In den frühen Achzigern waren bunte Haare ein Statement gegen die bürgerliche Spießer-Gesellschaft, ….. als Punk zu leben war damals nicht ungefährlich. Zwar nicht bei der Arbeit im Kuhstall : Kühe sind farbenblind. Aber schon m Schafstall war das anders: Schafe können nicht nur Farben sehen, sondern vermuten in der grünen Haarpracht irgendwas frisches kräutrig-salatiges und fraßen mir buchstäblich die Haare vom Kopf , da half nur der Wechsel auf blau oder pink.
Heute tragen ältere Landfrauen pinkfarbene oder blaue Strähnchen als modisches Accessoire …. *sic transit gloria mundi*

Farbe ist ja zunächst einmal nichts „politisches“, sondern etwas rein Physikalisches, die buchstäblichen  von den Elementen in den Himmel gemalten „alle Regenbogenfarben“ …. reine strahlende Farbe, ohne Trägersubstanzen.

Oder durch ein Prisma geschaut, sieht man alle Spektralfarben; auf Abbildungen immer sehr schön gleichmäßig verteilt, alle Farben gleich breit.
Ich erinnere mich an eine Veranstaltung, die vortragende Dame ließ alle Teilnehmer durch Prismen schauen und erzählen, wie breit wir die einzelnen Farben sahen. Das war sehr interessant, denn KEINE/R der Anwesenden sah alle Farben gleich breit. Durch dasselbe Prisma bei derselben Beleuchtung sah ich bspw das Blau deutlich breiter, der Nachbar das Gelb, der nächste Grün usw ... hätte mich sehr interessiert wie das zustande kam, aber die vortragende Dame erklärte das leider sehr „esoterisch“, jede Farbe entspräche einem Körperteil (bspw blau=Kopf) und je nachdem, wie „gewichtet“ man die Farben im Prisma sieht, könne man irgendwelche seltsamen Rückschlüsse ziehen, ich weiß nicht mehr welche…. schade, das Phänomen als solches fand ich sehr interessant!

Aber zum Thema Farbe und Wein oder „Die Farben des Weines“ – gerade in diesem Herbst ein Feuerwerk an Rotgold-Tönen, alle Hobby- und Berufsfotografen gaben sich ein Stelldichein in den Weinbergen, aber mir fällt da immer der Maler Michael Apitz ein:
Seine Malerei ist irgendwie von den Konturen her sehr impressionistisch, eher „flirrend“ oder „verwischt“ ; in den Farben stark expressionistisch: kräftig, zum Teil düster; grandiose Werke, sehr oft mit dem Thema Wein, Weinlandschaften, Weinberge.

Sein berühmtes Triptychon  war lange in der hessischen Landesvertretung in Berlin ausgestellt, jetzt hängt es im Keller der Steinberg-Kellerei der hessischen Staatsweingüter – und verkleinert als Druck in vielen Wohnzimmern  …. ;-)

Hier in der Gegend ist Apitz eine lebende Legende, allerdings eher als Comiczeichner: Den Spätlesereiter Karl kennt hier jedes Kind, der gehört quasi zum Leben dazu.

Die Geschichten gibt es in insgesamt 12 Bänden, auch Geheimrat Goethe tritt darin immer wieder auf, als Weintrinker, Frauen …. ääähhh…. „Verehrer“ ???….und selbstbeweihräuchernde Promi-Ikone, immer auf der Suche nach dem nächsten Weinglas.

Seine Farbenlehre - womit nun auch der Bogen zurück zum Thema geschafft wäre ;-) - beschränkt sich auf blassgoldenen Riesling.

Einen Wein soll ich noch dazu finden? Ja klar, es geht ja um die WEINrallye ….

Hm , schwierig … es gab einmal einen Versuch, lange vor den „classic“-Linien, den Rheingauer Riesling ein bisschen zu „standardisieren“, einen Kabinett, der den „typischen“ Rheingauer Wein, bzw Riesling vertreten sollte. Auf dem Etikett abgebildet der „Rheingauner“ (mit “n“!) von Apitz,
das war immer ein sehr nettes „Mitbringsel“ – leider gibt’s den schon lang nicht mehr, angeblich wär das „zu wenig seriös“ gewesen.

Hallo? Was soll das denn? Wein darf keinen Spaß machen? Witzige Wein-Namen oder Etiketten sind doch heute überall zu finden, gehören quasi zum Standard …

Nun denn: zum „Karl“-Comic NUR und ausschließlich eine Riesling-Spätlese vom Schloss Johannisberg – was anderes kommt da gar nicht in Frage!

Mittwoch, 15. Juli 2015

Noch ein Fest? Noch ein Fest! Unser Hauptstraßenfest!

Im Sommer wird im Rheingau gefeiert. Kein Wochenende, an dem nicht mehrere Feste zwischen Hochheim und Lorch stattfinden, alle mit Wein, die meisten mit Livemusik und sehr, sehr viele mit den mehr oder weniger immer gleichen Ständen - Nierenspieß, Crêpes, Pizza.

Etwas spezieller, vielleicht nicht ganz so "professionell", aber dafür oft gemütlicher sind die kleineren Feste - Dorfkerben, Tage der offenen Tür bei der Feuerwehr und natürlich die Straßenfeste.

In Martinsthal hat das Hauptstraßenfest eine lange Traditon. Vor etwas 40 Jahren war es eines DER Feste im Rheingau, rechts und links der alten Hauptstraße öffneten Anwohner für ein Wochenende ihre Höfe, im alten Lindenkeller gab es eine Disco, drei Tage lang feierten die Martinsthaler mit Freunden und Gästen auf der Straße.
Irgendwann wurde die schiere Menge der Feste im Rheingau erdrückend, das Martinsthaler Weinfest wanderte an den Weinprobierstand im Walluftal, und das Fest war Geschichte.

Bis in Martinsthal die Hauptstraße über viele Monate aufgerissen, saniert und neu geplastert wurde und die Anwohner das am Ende doch frohe Ereignis wieder mit einem Fest feierten - 2010 war das.
Hauptstraßenfest, reloaded, immer am dritten Juliwochenende.
Kleiner als das parallel stattfindene Lindenfest in Geisenheim, weniger speziell als die Schlangentage, aber dafür nachbarschaftlich und gemütlich. Einer der schönsten Innenhöfe - der von Gabriele und Guido Arnold - wird zur Straußwirtschaft, Zelda Klein backt ihre berühmten Frühlingsrollen. Bier und Cocktails gibt es natürlich auch, vor der Salongesellschaft kann man herrlich chillen, Tanja Nehrbauer öffnet ihr Waffelkaffee und organisiert Spiele und eine Rallye für die Kinder.

Wir sind auch dabei - mit dem verschobenen Tag der halboffenen Kellertür. (Wie der eine oder andere vielleicht mitgekriegt hat, war die Hälfte der Belegschaft - für fast drei Monate im Weingut zu wenig zu gebrauchen.)
Beim Hauptstraßenfest präsentieren wir unseren neuen Jahrgang - sechs Weine vom trockenen Martinsthaler über zwei Mittelrheiner bis zu unseren Topweinen aus Rheingauer Erste-Gewächs-Lagen.
Es ist uns ein Vergnügen - und ein Fest, natürlich. Und wir freuen uns auf Euch!

Freitag, 17.7. ab 17 Uhr
Samstag, 18.7. ab 17 Uhr
Sonntag, 19.7. ab 11 Uhr zum Mittagessen, richtig los geht es ab 15-16 Uhr

Und wer dann noch nicht genug hat, kann uns am 5. und 6. September in Martinsthal besuchen - bei unserer Jahrgangspräsentation, jeweils von 14 bis 18 Uhr. Bei uns gibt's was zu probieren und trinken, bei den Kollegen auch was zu essen.
Wir sehen uns hoffentlich!

Skål!

Freitag, 28. November 2014

Weinrallye #80: Nach dem Herbst ist vor dem Herbst

Es ist wieder Freitag, es ist wieder diese Bar Weinrallye, und es fühlt sich ein bisschen an
wie der Groundhog Day. Und dieses Mal sind wir auch noch die Gastgeber!

Also: Ernte 2014 - Eindrücke, erste Bilanz, Meinungen.

Und ich muss dir jetzt erzählen, was mir widerfahren ist... jetzt seh ich die Zukunft positiv, denn ich bin Optimist.


Das Jahr ist irgendwie vorbei gerast, was waren wir froh, deutlich vor dem außergewöhnlich frühen Austrieb mit Schneiden und Binden fertig geworden zu sein. Dann wurde es erst zu Ostern und dann zu Pfingsten richtig warm, nein, heiß, frühe Blüte, die Reben explodierten geradezu, und wir mussten uns beeilen, mit Mähen, Grubbern, Mulchen und Spritzen hinterher zu kommen. Indess: Picobello saubere Laubwände, kein Pilzdruck, keine Krankheiten, bis weit in den Juli hing es wun_der_schön.

Bis zum Tag, als der Regen kam. Und es warm blieb. Und die Peronospora explodierte.
Und es regnete ... Von Woche zu Woche, später von Tag zu Tag konnte man die Menge, die im Juli noch so exorbitant erschien, schrumpfen sehen.

Wo man auch hinschaute und -hörte, wurde aus Skepsis Nervosität, aus Unkenrufen Totengesänge. Der Arschjahrgang 2014 war schon lange vor der Lese geboren (und wurde, um das vorweg zu nehmen, sang- und klanglos beerdigt).

Ja, einfach war der Jahrgang nicht, die Kirschessigfliege tobte bei den roten Sorten, vielerorts gab es Probleme mit Essigfäule, die vor allem bei Anlagen, die vom Vollernter gelesen werden, extrem sorgfältige Vorselektion erforderten. Ach: Und wenn ich noch einmal hören oder lesen muss "Einfach kann jeder! ... liebe Leute, zur Abwechslung hätte ich nichts, aber auch gar nichts gegen einen wirklich einfachen, tollen, gesunden und, wenn man will, überreifen Jahrgang.

Trotzdem - was uns persönlich angeht - wir konnten Anfang Oktober die Trauben aus unseren beiden Rauenthaler Lagen Rothenberg und Wülfen (beide EG-qualifiziert) bei strahlendem Sonnenschein kerngesund in schöner Spätlesequalität ernten.

In unseren Parzellen am Mittelrhein waren die Mostgewichte etwas niedriger, trotzdem schmeckten die Moste konzentriert und intensiv. Hier gibt es in diesem Jahr drei Weine, von der trockenen dicken Kabinettqualität bis zur Auslese.

Die Weine haben sich gut geklärt, sind spontan angegoren und gären zum größten Teil noch langsam vor sich hin, wir werden sie wohl kurz vor oder nach Weihnachten abstechen.
Moderate Säurewerte, viel Extrakt, Reintönigkeit, jetzt schon Tiefe und Druck - kein Ausnahmejahrgang, aber einer, der das Maß wieder zurecht rüttelt, sowohl von der Menge als auch von der Qualität her.

Es ist, es war ein ungewöhnliches, vor allem ein ungewöhnlich warmes Jahr, selbst in unserem an sich kühlen Keller herrschten bis vor zwei Wochen noch so hohe Temperaturen, dass wir durch Bodenbenässung und Lüftung kühlen mussten.
Bis vorgestern hingen im Rheingau und am Mittelrhein überall in den Weinbergen noch reichlich Blätter an den Reben, dann kam zum Glück eine richtig kalte Nacht, und nun dürften sich die Stöcke in den Winterschlaf verabschiedet haben. Was bedeutet, dass wir mit dem Schneiden anfangen können und ein neuer Zyklus beginnt - nach der Lese ist vor der Lese.

Und keine Angst, nach so viel Weinbergsprosa gibt es auch etwas zu trinken. Denn wir konnten ein lang gegebenes Esseneinladungsversprechen wahr machen. Leider - aus Gründen - nur mit der Hälfte der erwarteten Gäste, aber wir haben ein Glas auf der Abwesenden Wohl getrunken und rechnen für das Nach-dem-Herbst-Essen 2015 fest mit ihnen.





Es gab ein einfaches, aufgebohrtes Essen rund um die tote Wildsau, sprich, Wildsaugulasch von der Rheingauer Wutz mit Vanillewirsing und Semmelknödelbuttermilchsoufflée im Zentrum nach einer klaren Steinpilzessenz (chakka!), Selleriegedöns nach Bushcook davor und noch vorher marinierten Saibling mit Gemüsekram und Wurzelchips. Danach ein Safraneis, Exotensalat und Orangenblätter und zum Schluss Salt&Pepper-Brownies.

Nix Experimentelles, gut vorzubereiten und bodenständig.
Und eigentlich nur der Anlass, was Anständiges zu Trinken auf den Tisch zu stellen. (Rezepte liefere ich auf Wunsch gerne nach).

Ich erspare Euch die Strecke (oder wollt Ihr???) und nenne nur zwei - persönliche - Highlights - Anfang und Ende, sozusagen. Beides sind übrigens Tropfen aus Gammel- und Arschjahren, das nur am Rande.

Vorweg - warum in die Ferne schweifen, wenn Kollegen sowas Schönes machen:

2006
Ratzenberger 
Spätburgunder Blanc de Noir brut
Sekt
13 %

In der Nase reife Walderdbeertöne, kräutrig, süßlich, nussig, würzig.
Auf der Zunge wieder Erdbeeraromen, Zitrus, weiche Nussaromen, saftig und schön trocken zugleich, das alles ungemein cremig mit viel Schmelz, dicht und fest und dabei sehr elegant, feines Mousseux, sehr gute Länge.
Chapeau! Ein großartiger deutscher Sekt, der sechs !!! Jahre auf der Hefe lag und sicher nicht nur in Deutschland in der Top-Liga mitspielt - toll gemacht, Jochen Ratzenberger!
(Und das Beste: Man kann ihn ab Hof noch kaufen!)

Nach diversen Rieslingen, Chardonnays, Spätburgundern und Bordeaux sowie dem einen oder anderen Piraten ging es zum Schluss noch mal nach Osten, genauer gesagt, ins Burgenland zu Bernhard Fiedler. Von dem hatten wir nämlich im Rahmen einer Blogger-Wichtel-Aktion und einer folgenden Weinkistentauscherei unter anderem eine Flasche

2006 
Grenzhof Fiedler
Beerenauslese
süß (ACH!)
13,5% 

bekommen. Ja, eine süße BA mit 13,5%.
In der Nase getrocknete Birnen, leicht bitter-nussig, etwas Waldboden und feuchtes Laub.
Auf der Zunge eher leicht im Stil, süßliches Dörrobst, schöne Würze, pilzige Noten, ordentlich Säure, viel Druck, schöne Länge.

Ein guter Ausklang eines einfachen Menüs, der Abend wurde dann noch etwas länger, aber davon bei Gelegenheit mehr.

Und nun hoffe ich auf viele Mitfahrer bei dieser Weinrallye, die ersten habe ich bereits gesichtet. Und freue mich besonders auf die nächste, die von unserer Mistress of Bordeaux, Susa, auf hundertachtziggrad ausgerichtet wird. Cheerio, old Sophie duck!

Sonntag, 27. Juli 2014

Vorsichtig optimistisch

Nach dem Zwischenstand ist vor dem Zwischenstand. Die Weine sind gefüllt, wir haben AP-Nummern, wir haben neue Selbstklebeetiketten und die Weinguts-Homepage auf www.dalgaardundjordan.de umgestellt.

Wir haben gespritzt, wir liegen bei den Laubarbeiten gut in der Zeit. Und es sieht verdammt gut aus im Weinberg. Oder vielmehr in den Weinbergen, beiderseits des Rheins.
Es hängt viel, wir hatten keinen Hagel, wir haben keine Peronospora und keinen Mehltau. Wenn es halbwegs so weitergeht, fällt es schwer, den standesgemäßen Pessismismus zu bewahren.

So schön kann es gehen - hoffentlich geht es auch so weiter.



Donnerstag, 22. Mai 2014

Ab. Ge. Füllt.

Das war's!


Schluss, fertig, aus.

Der Jahrgang 2013 ist auf der Flasche. Fünf Weine, vom trockenen Ortswein (Martinsthaler) über zwei halbtrockene/feinherbe Lagenweine aus dem Martinsthaler Rödchen bis zu unseren Premiumweinen Rothenberg und Fürstenberg.
Keine große Menge, aber großer Trinkgenuss.

Eine mobile Füllanlage, ein wunderbarer, tiefenentspannter und unerschütterlicher Lohnfüller, zwei Freunde und wir.
Vier Stunden.
Viele viele leere Flaschen - zweieinhalb Paletten, genau gesagt.
1300 für die Premiumweine. Größer als die Standardflasche und mit 750 Gramm 50 Prozent schwerer.
Zweieinhalb Kartons Kapseln.



Für diejenigen, die es noch nie gesehen haben:




Die Flaschen werden am Anfang der Füllanlage (oben: links) auf ein Band gestellt, in die Anlage gefördert, in einem ersten Durchgang mit stark verdünnter schwefliger Säure sterilisiert und kopfüber ausgeschwenkt. Dann laufen sie in das Füllkarussel, werden dort mit Wein befüllt, im nächsten  Schritt wird von oben eine Kapsel aufgesteckt und dann festgedreht. Hinten (oben: rechts) werden die Flaschen aus der Anlage auf eine Ablage geschoben, von der man sie abnimmt und in Gitterboxen legt.

Mehrere Tonnen gefüllte Flaschen, die kistenweise vom Hof in die Gitterboxen im Keller gewuchtet werden mussten.





Ein rausgeschossener FI-Schalter, weil die Füllanlage auf unserem Buckelpflaster ein bisschen schief stand und zum Schluss doch Wasser in die Stecker tropfte.

Alles neu macht ...
Ein Ergebnis, auf das wir stolz sind.
Und neue Etiketten.

Mehr dazu und natürlich vor allem zu den Weinen in Kürze auf diesem Kanal und auf unserer Homepage.

Und nein, das Bild hängt nicht schief.

Dienstag, 13. Mai 2014

Alt. Neu. Entdeckt. Teil 2.

Weil Rüdesheim ja so weit weg liegt und weil wir durch Rüdesheim eigentlich immer nur durchfahren, müssen wir, wenn wir denn schon mal in Rüdesheim sind, ... *lufthol* ...

Die Wahrheit ist, wie immer, sehr viel simpler, eine Anzeige in der Lokalpostille (für Insider: Pflücke den Tag), ein Weingut, von dem wir noch gehört hatten, eine schnelle Googlerecherche und (wie erwähnt) ein verregnetes Wochenende, an dem wir eh schon nach Rüdesheim fahren (zum Glück).

daskleineRieslingGut. Rüdesheim, wie gesagt. Das Navi verschluckt sich bei der Anfahrt und versucht hartnäckig, uns in die Garage des Hotels Krone zu lotsen. Da wären wir gar nicht so verkehrt gefahren, wie wir später lernen. Also Auto abstellen und die paar Schritte im NieselPlatzregen zu Fuß gelaufen.

Von der kopfsteinholprigen Gasse geht es in einen kleinen Probierraum. Betonboden, Gitterboxen, Edelstahltanks. Fertig.



Zwei Stehtische, Christoph Schütt und Andreas Frosch schenken selbst aus. Wir wissen zu diesem Zeitpunkt nur das, was wir uns ergoogelt haben. Neugründung, dritter Jahrgang (kommt uns bekannt vor), ein Hektar in neun Lagen im Rheingau, nur Riesling.

Der Jahrgang 2013 umfasst fünf Weine, vom trockenen "Basis" bis zum "Charisma". Ach, und die "Zicke" gibt es ja auch noch.

Basis. QbA trocken, rheingautrockene 8 Gramm Restzucker, 12% vol. Guter Einsteiger, Würze, saftige Frucht.

Magda.  QbA feinherb. 19 Gramm Restzucker, gut 8 Gramm Säure, 11,5% vol. Ein Maulvoll Wein, ungemein saftig, frisch und süffig. Easy drinking auf hohem Niveau.

Apropos ... Niveau. Der einzige Wein mit zumindest einer Ortsbezeichnung - Rüdesheimer - und der "furztrockene" mit 4 Gramm Restzucker. Auch "nur" 11,5 %vol. Typischer Rüdesheimer mit einem ganz anderen Charakter als die eher fetten, breiteren (wenn man davon reden kann) Rieslinge aus den Oestricher und Hallgartener Lagen. Gut! Fest! Spannend!

Charisma. 10 Stunden Maischestandzeit. 12% vol. Noch sehr unruhig, hefig, aber schon mit unheimlich viel Druck. Jetzt schwierig zu probieren, aber man ahnt das Potential. Hinlegen!

Und die Zicke. Riesling süß. 74 Gramm Restzucker. Vorne süß und limonadesaftig, rosa Grapefruit, Limette, einfach lecker (sorry Sam). Und hintenraus, "holla die Waldfee", ein eigenwilliger Kick, der diesen Wein vor der Belanglosigkeit bewahrt.

Eindeutig sehr! viel mehr als eine Hobbyklitsche (was man auch an Homepage, Etiketten, Vermarktungsstragegie sieht) und eindeutig bemerkenswert und merk-würdig, aber gar nicht seltsam.

daskleineRieslingGut - klein, Riesling, GUT!
 

Montag, 12. Mai 2014

Alt. Neu. Entdeckt. Teil 1.

Kennt Ihr das? Weingüter, die man eigentlich auf der Spur hat, irgendwie "kennt", aber doch nur sehr oberflächlich? Die man an den Tagen der offenen Keller auch eher auslässt "das können wir auch irgendwann anders". Was dazu führt, dass man davon schlicht keine Ahnung hat.

Im Rheingau kennen wir uns, denke ich, halbwegs aus, aber es gibt schon noch eine Reihe alteingesessener Betriebe, die wir - warum auch immer - noch nicht besucht haben.
Warum auch immer ist manchmal auch ein Synonym für "zu weit weg". Rüdesheim ist gefühlt ganz schön weit weg. Das ist natürlich sachlich Quatsch.
Aber gefühlt ... hat das sicher auch mit dem Stau zu tun, der sich an schönen Sonnensonntagen ab elf Uhr morgens von kurz hinter unserer Hoftür bis nach, eben, Rüdesheim zieht und dann ab 17 Uhr wieder zurück.

Durch die Stadt geht's dann im Schritttempo, eingekeilt zwischen Reisebussen, Wohnmobilen und Ausflüglern, die dann mit etwas Glück (wenn wir unterwegs zum Mittelrhein sind) noch bis Kaub vor uns herschleichen, Mitte fahrend, links und rechts deutend und knipsend - Weinberge! Rhein! Burgen! Noch mehr Weinberge! Boote! Achtung Gegenverkehr! Baustellen! Das alles hat gefühlt mit Rüdesheim zu tun, seien wir mal ehrlich.

Nun war das vergangene Maiwochenende so gründlich verregnet, dass die Ausflügler ausblieben - ärgerlich für die Winzer, weniger ärgerlich für uns. Sonst hätten wir es wahrscheinlich wieder nicht in die Sektkellerei Ohlig geschafft. Gefühlt zwei Millionen Mal sind wir dran vorbei gefahren, kennen die mehr als ordentlichen Basisqualitäten aus dem LEH ... und hatten keine Ahnung von den tollen Spitzensekten.

Die Einsteiger - Privat weiß, rosé und rot - sehr anständig für kleines Geld. Interessant wird es mit dem "Herzog". Riesling, Jahrgangssekt, brut, fruchtig, schöne Perlage. Auch der Rheingau Rosé brut überzeugt. Beide liegen bei knapp 11 Euro.

Auch nicht nur "gut", sondern deutlich drüber: Chardonnay brut und Pinot Blanc, beide rebsortentypisch, gute Essensbegleiter und mit unter 8 Euro wahre Schnäppchen.

Aber dann - Tataaa - Auftritt der Hommage-Kollektion, "Edition Anton Ohlig".

Hattenheimer Wisselbrunn 2012, Riesling extra trocken. Enorm nussig und knackig, frisch, saftig.

Erbacher Marcobrunn 2010. Sehr viel reifer, weicher, rund und schmeichelnd, tiefer.

Cuvée Pinot brut 2010. Mein Favorit. Hochfarbig, nussig, mit viel Schmelz und Druck.

Assmannshäuser, Spätburgunder rot, 2007. Trocken, fest, dicht, dabei sehr elegant. Tolle trockene Kirsch- und Wildpflaumenfrucht.

Sekte, die man nicht mal nebenbei beim Empfang schlürft, Weine mit Charakter. Chapeau!

Und mittendrin ein Exot.Ohlig Rurale. Riesling. Jahrgangsekt nach der Méthode Rurale, also mit Kohlensäure ausschließlich aus der ersten Gärung, neu im Programm. Das hatten wir doch schon mal irgendwo .... richtig! Dieser hier ist mit 27 Gramm Restzucker schon ordentlich süß, wirkt aber viel fruchtiger, weiniger, frischer als die klassischen Sekte. Spannend!


Und das hätten wir schon viel eher entdecken können - der Kellereiverkauf ist nämlich, Tipp für alle Weintouristen, auch am Wochenende geöffnet. An diesem Wochenende war übrigens auch noch Deutscher Sekttag und die Lagerhalle war in eine sehr stylische Location mit Sekttheke und Co umdekoriert worden - auch ein Tipp fürs nächste Jahr. 

Und wenn man schon mal in Rüdesheim ist ...




... kann man auch noch was wirklich Neues entdecken. In Kürze mehr.



Donnerstag, 20. März 2014

Usselig? Hyggeligt! Æbleskivertid!

(Usselig - westfälisch/norddeutsch für eklig, unangenehm, unschön. Hyggeligt - dänisch für gemütlich, nett, warm, vertraut. Æbleskivetid - Aebleskiverzeit!!!)

Ich bin bekennende Winterhasserin. Gut, es muss nach einem langen goldenen Oktober auch mal kalt werden.
Meinetwegen.
Ist ja auch gut für die Natur. Und so.
Meinetwegen.
Weiße Weihnacht, Gänsebraten, Grünkohl, Rotweinfondue. Ein paar Tage klirrende Kälte, ordentlich Schnee und blauer Himmel.
Meinetwegen.
Dann ist es aber auch echt gut! So weit die Idealvorstellung.

Tatsächlich herrscht hier aber gefühlt von Mitte November bis mindestens !!! Mitte März graunasskaltes Matschepampeschlechtelaunewetter. Pfui. Mit ein bisschen Glück auch noch mit sibirischer Kälte und ewigem eisigen Nordostwind garniert. Doppelpfui.

Da trifft es sich gut, dass Bushcook zu ihrem Bloggeburtstag zu "Soulfood" aufruft. Wenn es draußen schon scheusslich ist, lässt es sich drinnen bei wärmendem, tröstlichen Essen deutlich besser aushalten. 

http://www.bushcook.de/2014/02/3-jahre-bushcooks-kitchen-gratulieren.html Soulfood, das ist für mich ...
Hühnersuppe, logisch. 
Spaghetti carbonara (OHNE Sahne).
Rührei mit Krabben.
Selbstgemachter (ach!) Kartoffelbrei mit brauner Butter.
Erbsensuppe mit Grießklößchen.
Ewig geschmortes Gulasch.
Alles wenig originell und wenig photogen.

Und, seit einigen Jahren, Æbleskiver.
Das fünfte oder sechste dänische Wort, das ich lernte, die unaussprechliche Köstlichkeit kannte ich schon vorher.
Æbleskiver, kleine, pfannenwarme Küchlein, ursprünglich mit Apfelstückchen gefüllt, gebacken in einer speziellen Pfanne, die der holländischen Poffertjespfanne oder dem deutschen Pendant für Pfitzauf oder (P)Förtchen gleicht. Gusseisen, sieben bis neun Löcher.
Eine relativ unsüße, dampfend warme Köstlichkeit, die wunderbar mit Puderzucker, Marmelade, Vanilleeis und einer nicht zu süßen Auslese harmoniert und mit der man unkompliziert Heerscharen gieriger Teenager abfüttern kann.

Das perfekte Wintersoulfood.

Was mich zum Winter zurück bringt, der keiner war.
Der Panther hatte schon im Oktober den denkbar dichtesten Winterpelz, aber ab Mitte Februar mühte er sich sichtlich, ihn los zu werden. Wir waren so früh wie noch nie mit dem Rebschnitt fertig, und so früh wie noch nie mit der Zeit im Nacken. Und so nutzen wir mit diesem Wochenende die wohl letzte Gelegenheit des ersten Halbjahres 2014, Wintersoulfood auf den Tisch zu bringen.

Æbleskiver fast nach Fräulein Jensen

Fräulein Jensen ist jedem Dänen ein Begriff, und vielen Deutschen auch, vor allem denjenigen, die sich in einem der großen deutschen Kochforen herumgetrieben haben. Ich bin durch besondere Umstände in den Besitz einer älteren Ausgabe dieses dänischen Standardwerks gelangt, das an den entscheidenden Stellen (Pankager/Aebleskiver/ Schweinebraten / Lammbraten ) gewisse Gebrauchsspuren aufweist. Erstaunlicherweise wirken die Seiten mit den vegetarischen (ok, damals hieß das "fleischlosen") Hauptgerichten geradezu jungfräulich.

Die Dessertabteilung ist dagegen ordentlich vollkleckert, Fettspritzer, Teigreste, alles, was das Herz begehrt. Und für fast jeden Klassiker mindestens zwei Grundvarianten, die wir aus Erfahrung in diesem Fall durch eine dritte ergänzt haben.
 
 



Æbleskiver III


200 g Mehl
2,5 TL Backpulver
1 EL Zucker
1 gute Prise Salz
200-250 l Schlagsahne
50 g geschmolzene, lauwarme Butter
4 Eier, getrennt
1 Messerspitze Vanillemark
feingeriebene Schale von 1/2 Biozitrone, besser: 1/4 Biozitrone und 1/4 Bioorange
ein beherzter Schuss Orangenlikör

zum Servieren
Puderzucker
Marmelade (gerne gute Orangenmarmelade)
Vanilleeis
etcpp.

Mehl, Backpulver, Zucker, Vanillemark und Schalenabrieb mischen, mit den Eigelben und der Butter sowie etwas mehr als der Hälfte der Sahne und dem Likör verrühren. Eiweiß mit Salz steifschlagen und unterziehen. Ggf so lange mehr Sahne unterrühren, bis die Masse etwas flüssiger als ein normaler Rührteig, aber deutlich fester als ein Pfannenkuchenteig ist.

Die Backform mit ganz wenig Butter auspinseln, erhitzen, in jede Mulde bis ca. 4 mm unter den Rand Teig einfüllen. Bei mittlerer Hitze backen, die Teigstücke mit Hilfe einer Gabel wenden, wenn die Kruste unten fest genug geworden ist und der Teig oben nicht mehr flüssig ist. Fertig backen, auf einem Teller im Ofen bei 80 Grad warmhalten, bis der gesamte Teig verbacken ist. Warm servieren, sofort essen und entweder eine Tasse echte heiße Schokolade oder ein Glas Auslese dazu genießen.

Das macht glücklich, Glückwunsch!

Montag, 14. Oktober 2013

Nach dem Regen ist vor dem Regen ist vor der Lese

Und wieder mal: nach dem Rechten schauen. "Unsere" Parzelle im Rauenthaler Rothenberg hat im unteren Bereich schon einiges an Fäulnis, da gehen wir die Woche noch mal durch.




Der Nachbar hat jetzt auch mit der Lese begonnen, sauberes Material, die Weinberge sind extrem gut gepflegt. Es gibt aber auch Winzer, die jetzt schon mit der Lese durch sind - und die haben keinen Müller-Thurgau, sondern Riesling und Spätburgunder im Sortiment. Schon seltsam, die Vollernter frühmorgens im strömenden Regen in den Weinbergen fahren zu sehen. Wobei: Wie sagte der Nachbar so schön - wenn ordentlich Wasser mitgelesen wird, gibt's mehr Menge und weniger Säure. Ok, so kann man das auch sehen. Er sagt es übrigens nur, macht es aber nicht ;-). Kommendes Wochenende sind seine kleinen Handleseflächen dran, da sind wir natürlich dabei.


Am Mittelrhein ist die Lage noch sehr viel entspannter, der Wingert zum Bach runter sieht ziemlich gut aus, und oben hängen die Trauben auch noch absolut gesund. Die Arbeit, die wir im September in den Weinberg gesteckt haben, hat sich gelohnt. Aber auch da sind einige Winzer schon weitestgehend durch - und von Selektion kann da keine Rede sein.

Natürlich redet es sich leicht, wenn man nur eine kleine Fläche selbst bewirtschaftet und nicht in Vollerwerbsdimensionen denken muss - und ich ziehe meinen virtuellen Hut vor den Winzern, die das im großen Stil machen und selektionieren und perfektionieren. Wie das aussieht? Schaut selbst:



Doch zurück zu uns und unserem Riesling.
So sah es am Sonntag aus.



Es reicht jetzt allerdings mit dem Regen! Wirklich! Ein paar sonnige Tage wären mehr als gut.

Den Rothenberg holen wir kommendes Wochenende.





Am Mittelrhein lesen wir die Woche drauf.

Wir haben nicht mehr ewig Zeit - und trotzdem das Glück, dass der Nachbar, dessen Infrastruktur wir nutzen dürfen, genauso spät dran ist.

Und: Wir dürfen unseren dornröschenschlaferweckten schönen alten Gewölbekeller weiter nutzen. Was für ein Glück.

Mittwoch, 15. Mai 2013

Alles neu ...

... macht der Mai.

Die Weinberge sind förmlich explodiert. Überall Grün und Gelb und Weiß, an den Stöcken, unter den Stöcken, in den Rebzeilen. Am Wochenende müssen wir mähen.

Und, wichtiger, wir haben gefüllt.
Vergangenen Samstag, mit viel Hilfe der netten Nachbarn, Kollegen und Freunde. Danke dafür.

Unser 2012er ist jetzt auf der Flasche. Wie angekündigt, trocken. Knalltrocken. Mit ordentlich Säure.

Here we go ....

2012 Riesling Kabinett trocken
"Kreuzweise"
Rüdesheimer Magdalenenkreuz
1,0 g Restzucker, ca. 7 g Säure, 11,5 %

In der Nase saftige Steinobstfrucht, weiße Blüten, Orangenschalen, leicht rauchige Mineralik.
Am Gaumen Aprikosen- und Mandarinenfrucht, feine Würze, leicht, aber nicht dünn, eine Art schwebende Eleganz, gute Länge mit mineralischem Abgang.

2012 Riesling Spätlese trocken
"Drei Kreuze"
Rüdesheimer Magdalenenkreuz
4,0 g Restzucker,  ca. 8 g Säure, 12,0%

In der Nase rauchige, fast speckige Töne. Leicht salzig und nussig, kühle Steinobstfrucht.
Auf der Zunge fest und straff, steinige Mineralik, rosa Grapefruit, kühl, tiefgründig,  mit viel Länge.

2012 Riesling Spätlese trocken
"Alte Reben"
Oberdiebacher Fürstenberg
0,5 g Restzucker, ca. 8 g Säure, 12,5 %

In der Nase Zitrus, Reineclaude und grüner Tabak. Zartsüßliche florale Noten, heller Mandelkrokant, tief und mineralisch.
Auf der Zunge frisch, wieder Zitrustöne, helles Steinobst, straff und fest gewirkt, animierende Säure, sehr tiefgründig und klar, kühle Schiefermineralik, bleibt lange, lange am Gaumen. Wucht, Druck, Kraft, das ist ein Langstreckenläufer.



Was ist sonst noch interessant?

Die Namensgebung verlief analog zum ersten Jahrgang - im Rheingau spielen wir mit den Lagennamen, am Mittelrhein heißt die trockene Spätlese "Alte Reben", die halbtrockene (die wir 2012 nicht gemacht haben) "Blauschiefer" und der Kabinett ... warten wir den Jahrgang 2013 ab.

Rüdesheimer Magdalenenkreuz also. "Bekommen" haben wir die wunderschöne Parzelle durch eine schlichte Annonce im lokalen Wochenkäsblatt, da stand der Name für einen Wein sofort fest: Drei Kreuze, dass das geklappt hat! ( Und wie als Bestätigung dröhnte am ersten Lesetag "Altes Fieber" von den Toten Hosen auf SWR3, als ich in den Wirtschaftsweg in den Wingert abbog .. "Drei Kreuze, dass wir immer noch hier sind .."). Soll wohl so sein.

Mit dem zweiten Namen haben wir uns schwerer getan, von "Kreuzlahm" über "Kreuzbrav" bis zu "Kreuzweise" war alles im Rennen. Bis zu dem Abend, an dem wir mit dem Pächter des Weinbergs telefonierten und er zerknirscht gestand, dass der Vertrag von Seiten des Besitzers nicht verlängert worden sei und wir daher nicht wie geplant auch 2013 ... KOCH! Und kreuzweise, ehrlich.

Ach so: Falls irgendeiner unserer geneigten Freunde, Leser, Kunden ... eine Idee hat, wo und bei wem wir im Rheingau bis zu einem halben Hektar Rieslingwingert, GERNE Steillage, gerne alte Anlage, pachten können oder wenigstens in diesem Jahr Trauben kaufen können - bitte, bitte Meldung an uns! 

Jedenfalls: Die Weine sind gefüllt, gehen jetzt zur AP-Prüfung und sind hoffentlich ab Anfang Juni im Verkauf.

Freitag, 3. Mai 2013

Eine Art Familientreffen, ein Froschkönig und die üblichen Verdächtigen

Die Prowein ist sowas wie eine alljährliche Klassenfahrt. Morgens auf der Autobahn sieht man ab dem Schiersteiner Kreuz,spätestens aber hinterm Frankfurter Kreuz bekannte Autos, Kennzeichen, Gesichter. Bei den wenigen Unbekannten rät man - wer rast wohl am Sonntag in aller Herrgottsfrühe gen Nordwesten, Nummernschild aus irgendnem Weinanbaugebiet, Hemd und Krawatte, Sakko am Haken?

Sehr viel kleiner und vertrauter geht es in Mainz zu. Wenn die Prowein das Klassentreffen ist, dann ist die Weinbörse eine Art Familientreffen. Immer am letzten Aprilwochenende, immer gleichzeitig mit den Rheingauer Schlemmerwochen, fast immer bei schönem, oft warmen Wetter. Immer mehr oder weniger die gleichen Gesichter, vor und hinter den Ständen. Immer mit einem einzigartigen Überblick über das Who is Who der deutschen Topwinzer. Und immer zwei viel zu kurze Tage mit viel zu viel Programm und viel zu langen abgearbeitet zu werden wollenden Listen.


Über den (vorrangig) präsentierten Jahrgang 2012 ist schon viel geschrieben worden.
Unser Eindruck nach Prowein, Weinbörse und diversen Stippvisiten bei (noch) unbekannteren Winzern: Ein gutes Jahr. Keine Ausreißer nach unten, fast kein Wein, der uns so gar nicht gefiel. Ein Jahr mit guten Voraussetzungen für Winzer, die konsequent gearbeitet haben. Ein Jahrgang mit Säure. Und mit auffallend mehr Winzern, die sich trauen, die Weine nicht gefällig und nett auszubauen, sondern mit mehr Ecken und Kanten, und zwar quer durch alle Anbaugebiete. Den mancherorts proklamierten tiefen Graben, der den VDP in Sicherheitslangweiler und junge Wilde spaltet, haben wir so nicht gesehen. Dafür an vielen Ecken Mut zu Neuem, das vielleicht in Wirklichkeit das Alte ist, aber selten konsequent durch die komplette Kollektion. Zum Teil mag das auch schlicht dem Generationenwechsel in den Weingütern geschuldet sein.
Aber, ja, es bewegt sich was.



Unsere Eindrücke in Kürze - eine Momentaufnahme, wir haben bei weitem nicht alles geschafft.

Mosel.Clemens Busch mit einer hervorragenden Spätlese Marienburg, noch als Fassprobe, kandierte Früchte, ananasmarzipanig, großes Theater.
Weingut Milz-Laurentiushof - hatten wir bislang eher weniger auf dem Schirm. Riesling 180° trocken, mineralisch süffig, viel saftige Frucht und ein Zuckerschwänzchen. Gut, aber besser gefiel uns das (2011er) Große Gewächs aus dem Leiterchen. Tief, viel Schmelz und Würze, sehr dicht.

Mittelrhein. Lanius-Knab. Steeger St. Jost. Trockene, reife Frucht, zupackende Säure. Kernig. Gut.

Ab an die Nahe. Diel. Die Weine wirken allesamt sehr burgundisch, cremig und schmelzig, blind hätten wir vielleicht nicht alle Rieslinge als solche identifiziert.

Prinz Salm präsentierte einen Riesling "Grünschiefer" - etwas parfümiert wirkend, eher der leichtere Typ, und tatsächlich - Synästhetiker aufgehorcht! - "dunkelgrün" schmeckend.

Rheinhessen. Stefan Winters Weine hatten uns schon am Vortag auf der Ortsweinpräsentation gut gefallen . Hier: Geyersberg. Fest und straff, rauchige Mineralik, gute Säure. Schön.

Pfalz. Bürklin-Wolf. Ein Gutswein, den man wahrscheinlich blind erkennen würde. Trocken, kernig, animierend, ein guter Trinkwein. Visitenkarte mit Wiedererkennungswert.

Weingut Kranz mit einer Fassprobe "Vom Landschneckenkalk" - ein Ortswein. (Dazu demnächst mehr.) Sehr schlank, dabei saftig und frisch, kühle Mineralik. Das 2011er GG Kalmit mit viel Melonenfrucht und salziger Mineralik.

Theo Minges. Ein Wein, der Froschkönig heißt. "Old-school"-Freaks, aufgepasst! Fassprobe, Jahrgang 2011. 3000 Liter. Lange Maischestandzeit. Rein spontan vergoren. 16 Monate auf der Vollhefe sich selbst überlassen. Bestes Lesegut und Vertrauen des Winzers darin, dass der Wein "wie ein Pubertierender" seinen eigenen Weg findet. Reife Steinobst- und weiße-Beeren-Aromen. Ungemein tiefgründig und vielschichtig, noch ein bisschen unruhig, aber mit viel Druck. Chapeau.


Franken. Bickel-Stumpf. Frickenhauser Kapellenberg, Fränkischer Gemischter Satz trocken. Silvaner, Riesling, Traminer, Elbling, Gelber und Roter Muskateller sowie Heunisch. Irgendwas vergessen? Zart, süffig, charmant, ein unkomplizierter Sommerwein. Daneben der Silvaner trocken vom Frickenhausener Kapellenberg. Schöne, feste Frucht, Steinobst, viel tiefe Mineralik.

Rheingau. Eigentlich wollten wir uns das für die Schlemmerwochen aufheben, aber wenn man schon mal da ist ... Flick. Hochheimer Königin Victoriaberg. Riesling trocken. Ein mächtiger Wein, viel süßliche, dicke Frucht, Alkohol und Länge. Charmanter der Riesling aus dem Wickerer Nonnberg, tolle Nase, saftig und rund, opulent, aber nicht breit.

Graf von Kanitz. Riesling Lorch Quarzit. Rauchige Mineralik, verhaltene süßliche Frucht, knallige Säure. Stark!

F.B. Schönleber. Eine der Neuaufnahmen. Riesling Mittelheimer Edelmann. Sehr kernig, mal wieder viel, gute Säure, ausgesprochen unsüß, tiefe, würzige Mineralik.


Die üblichen Verdächtigen, quer durch alle Anbaugebiete - durchgängig groß. Nicht überraschend, aber erfreulich.

Ob der VDP sich mit der neuen Lagenklassifikation hingegen einen großen Gefallen getan hat, ob und wie das beim Verbraucher jenseits der Freak-Szene ankommt - viele offene Fragen. Demnächst in diesem Theater.





Samstag, 27. April 2013

Noch ein schönes Paar, nein, sechs schöne Paare!

Unsere Paar-Posts basieren irgendwie immer auf Einladungen. Pärchenabende, mit Chili con Carne und Chips und einem Stapel DVDs ... nein!!! Scheeheeeerz.

Aber erst die Foodpairing-Einladung von 180° im Dezember und jetzt die vom Deutschen Weininstitut. Ähnlich und doch GANZ anders.

Das Team des Weininstituts hatte nämlich eine Hand voll  Spitzenköche aus Hongkong unter Leitung von Ronald Shao Tak Lung und Leung Kin Sum sowie die einzige weibliche asiatische MW - die umwerfend kenntnisreiche, souveräne und charmante Jeannie Cho Lee - nach Mainz eingeflogen, um im Vorfeld der Weinbörse das Thema "Perfect Pairings - German Wines & Asian Flavours" zu traktieren.

Ein alter Hut. Restsüßer Riesling und asiatische Aromen. Oder?
Ha! Was heißt "asiatische Aromen"? Thaiküche? Korea? Vietnam? China? China ist nicht China, lasst uns über Regionalküchen reden ... ein weites Feld, das hier nur ansatzweise auf- und angerissen wurde und trotzdem eine Ahnung davon spüren ließ, was geht.



Sechs Gänge, je zwei Weine. Und die mitessenden und -trinkenden Anwesenden sollten entscheiden, welcher Wein besser passt.

Schweinshaxensülze mit Sesamöl-Dill-Pesto und großartiger Sojasauce. Dazu 2011er Riesling Kabinett von Vollrads - erstaunlich präsent - und 2012er Münsterer Kapellenberg von Krüger-Rumpf.
Ersterer ein bisschen zu leicht und trocken, letzterer gut, aber zu süß. Eine Spontancuvée gefiel besser, würde aber unter dem strengen Auge des Gesetzes sicher nicht bestehen.


Krebsfleischfarce in sahniger (Béchamel?)Sauce auf der Krebsschale, paniert und frittiert, wie Jeannie anmerkte "a dish from the 1960ies, inspired by british cuisine". Määäächtig, so eine Art chinesische Königinpastetchen, und genauso old-fashioned. Puh. Der begleitende Weißburgunder Spätlese trocken 2011 von den Burkheimer Winzergenossen machte das Ganze noch buttriger, opulenter, sättigender. Die trockene Weißburgunder Spätlese "Im Sonnenschein" vom Wilhelmshof setzte einen frischen Kontrapunkt und gefiel mir und uns sowohl solo als auch als Paar deutlich besser.



Seebarsch, gedünstet, mit Gelbe-Bohnen-Crunch (der mangels gelber Bohnen durch Kichererbsencrunch ersetzt wurde) und grüner Bohnenpaste. Wow. Der Crunch mit leichter Schärfe, die Paste ein feiner Gegenpol. Dazu endlich wieder Riesling: Großes Gewächs 2010 vom Karthäuserhof, und zwar der Eitelsbacher Karthäuserhof, versus Erstes Gewächs 2010 Hölle von Künstler. An dieser Stelle kann ich wegen Befangenheit kein Votum abgeben, ich meine, Künstler! Hölle! Ist mir doch wurscht, ob der andere möglicherweise eventuell unter Umständen besser passen können würde.

Ente. Vielmehr, Entenfilet unter grober Pecannusskruste. Frittiert, was man höchstens anhand der (unten liegenden) Entenhaut sehen konnte. Spätburgunder. 2009 Deutzerhof gegen 2010 Großes Gewächs Centgrafenberg von Fürst. Ein bisschen unfair, mal ehrlich. Ein toller Einsteiger eines hervorragenden Ahrwinzers mit etwas mehr Reife gegen das Flagschiff aus Franken. Unentschieden.


Mehr Fleisch. Rinderbacken, geschmort in süßlicher Sauce mit Maronen, zum_Niederknien_zart. Wobei: Sooo viel anders als mein Brasato, Susas Daube oder ein Ossobuco war das jetzt auch nicht, nur süßlicher. Dazu noch mal Spätburgunder. 2009 Kastanienbusch von Gies-Düppel, ruppig, stinkig, mineralisch, viel Holz, gegen 2011 von Braunewell - schmeichelnd, vergleichsweise gefällig, himbeerige Joghurtgum-Aromen. Hm. Zum So-Trinken den Rheinhessen, zu diesem Essen den Pfälzer.


Puh. Luft holen. Wasser trinken. Mehr Wasser trinken. Das Finale naht.

Jeannie hatte vorher schon gewarnt, dass asiatische Desserts nichts mit dem gemein hätten, was uns als Nachspeise bekannt ist und auch einer komplett anderen Tradition unterlägen. Guter Punkt.


Auf dem Teller: Frittierter Gluten-Krapfen, dazu ein süßes Mandelsüppchen mit Eiweiß und Papayawürfeln.
Hm. Sehr hm. Der Krapfen ein zäher süßer Teigklumpen mit Sesammantel, der sich allen Zerteilungsversuchen widersetzte. Das Süppchen ... eine Art süße Stracciatella mit zarten Blausäurenoten und Papayawürfeln. Tischnachbarn versicherten, das sei ein sehr authentisches Dessert. Ich war zwar schon in New York, aber noch niemals in Hongkong, ich bestelle eh lieber noch mal ein halbes Dutzend Austern nach dem Essen als etwas Süßes, aber das hier hat mich überrascht und ein bisschen fassungslos gemacht. Ich dachte doch immer, dass ich ein Allesfresser bin.

Zum Glück gab es auch dazu Riesling (!!!), 2002 Auslese Brauneberger Juffer-Sonnenuhr von Richter gegen 2003 Auslese Aulerde von Wittmann. Wieder das Künstler-Dilemma ... Wittmann ... Befangenheitsantrag ... am Tisch gab es aber durchaus andere Stimmen.


Fazit? Viel neuen Input zum Thema chinesische/Hongkong-Küche. Aha-Effekte, was Würzung und Weinbegleitung ausmacht. Ein toller Nachmittag. Vielen Dank an alle Beteiligten.

Freitag, 26. April 2013

Weinrallye #62 - Thema: Weine bis 5 €


Eine Diskussion, die eigentlich ein Perpetuum mobile ist. Zu der schon alles gesagt wurde. Nur nicht von allen. Nico von Drunkenmonday lädt zur Weinrallye - mit der Frage "Gibt es guten Wein unter 5 Euro?"

Fällt mir was dazu ein? Ja, mir fällt was dazu ein. Ich bekenne mich schuldig. Ich habe Wein unter 5 Euro gekauft, ich kaufe Wein unter 5 Euro und ich werde auch weiter Wein unter 5 Euro kaufen. Das ist so, das war so und das wird auch so bleiben. 
Und das hat durchaus auch etwas mit meiner Weinsozialisation zu tun. Nein, Ihr denkt falsch.

Weinmäßig sozialisiert wurde ich als Studentin durch den kleinen Weinladen gegenüber meiner Studi-WG in der Göttinger Innenstadt – den es erfreulicherweise auch heute noch gibt.
(In diesem Weinladen habe ich übrigens meine erste Flasche mit einem solchen Mörderkork gekauft, dass der Wein einfach nur untrinkbar war. Und natürlich die teuerste Flasche, die ich da erstanden habe. Aber das ist eine andere Geschichte ..)


Wolfgang Cichon hatte damals einen trockenen Liter von Mosbacher im Sortiment, der meiner Erinnerung nach 5,60 Mark kostete. Also 2,80 Euro. Und einen trockenen Umbrese bianco  für 5 Mark, ebenfalls in der Literflasche, und einen trockenen Umbrese rosso. Damit haben wir ungezählte Doppelkopfrunden, Theaterworkshops, Premieren und Dernieren, Wohnungspartys und Picknicke auf den Schillerwiesen beweint. Das sorgte manches Mal für etwas Unmut, wenn die Kosten umgelegt werden sollten, weil die Mehrzahl meiner Kommilitonen den lieblichen  „Portugiesischen Rosé“ von Aldi Nord vorzogen (Korrigieren zwecklos) oder den trockenen Bongeronde (gibt’s das Zeug noch?), dafür aber gerne zugriffen, wenn es was zu feiern gab und dann den 30-Mark-Nobile di Montepulciano (Geschenk meiner fürsorglichen Eltern) gnadenlos vernichteten. Den fanden wir nämlich alle schweinelecker saugut.

Dann verschlug es mich nach Stuttgart, wo ich im ganz normalen Edeka auf eine erfreuliche Weinauswahl stieß - Verrenberger Lindelberg Fürstenfass trocken von der Weinkellerei Hohenlohe, für ??? 6 Mark den Liter. Ordentliche Genossenschaftsweine für vernünftiges Geld. Gute Weine vom damals noch ganz jungen Wöhrwag und von den bekannten und weniger bekannten Winzern aus dem Remstal. Schöne Pfälzer Rieslinge (die Wochenendausflüge führten häufiger in die Heimat meines Liebsten).
Im Discounter hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Flasche gekauft.


Nächste Station Baden, dann schließlich der Rheingau - ich gebe zu, wenn man in einer Weingegend wohnt und nicht nur nach Namen und Etikett einkauft, ist es sehr viel einfacher, preiswerte Trinkweine zu kaufen als am Niederrhein oder der Flensburger Förde (oder der Hildesheimer Börde)..


Ein gewisse Hasardeursmentalität verführte mich trotz der hervorragenden Versorgungsinfrastruktur irgendwann dazu, auch mal Discounterweine zu kaufen. Probeweise. Warum? Siehe Susas ultimatives 5€-Wein-Bullshit-Bingo

Die schlechte Nachricht ist: Das war vor ... 10 Jahren vielfach grauenhafter Schrott. Das waren die “Marken”weine wie etwa die von Käfer aber auch, eben nur teurerer Schrott. Nicht teurer.
Die gute Nachricht ist: Man kann, ja, auch im Discounter, inzwischen anständige trinkbare Weine kaufen. Ich erspare Euch die Argumente für und wider und verweise erneut aufs 5€-Wein-Bullshit-Bingo, in dem mir nur ein Satz fehlt “Immer nur mit dem Wein kochen, den man auch dazu trinkt.”


Viel Vorrede, jetzt kommt endlich Wein. Den hervorragenden trockenen Kabinett vom Winzer gegenüber kennt Ihr ja schon. Unsere persönliche Neuentdeckung Gerster-Wagner  aus Hattenheim ist auch kein Unbekannter mehr.


Positiv überrascht hat mich bei der Jahrgangsprobe aber der 2012er Riesling
Secco.
Frisch, unkompliziert, schön unsüß, ein leichtes Bizzelweinchen mit Zitrus- und Steinobstaromen und guter Säure. Mit 4,50 Euro ab Hof preiswerter als der im Rheingau sonst weit verbreitete “Rheingauer Leichtsinn”, ein Gemeinschaftsprojekt der “Jungwinzer” - und besser.


Stop! werft Ihr jetzt ein, ja, stimmt, das ist der Ab-Hof-Preis und natürlich verschicken die auch, aber das kostet Porto. Fein. Stimmt.

Wie wäre es dann mit was Rotem aus Spanien - vor ca. einem halben Jahr gekauft, probiert, leider nicht photographiert.

Es gibt den kleinen, exklusiven Weinladen um die Ecke, es gibt die Handelsketten, und es gibt Weindiscounter. 
Da kommt der zweite U5 her - 2008 Verdamor, Monastrell, La Bodega de Pinoso, Alicante. 4,29 Euro. Typischer Duft nach Beeren, auf der Zunge trockene Frucht, spürbare Tannine, mit gutem Willen auch Gewürznoten. Schmeckt, passt, beißt nicht zurück und ist für das Büro-Sommerfest perfekt.


Und einen vom “echten” Weinhändler habe ich noch ... 2012er Auxerrois vom Weingut Pfirmann aus der Pfalz. Probiert auf der Prowein, kaufen kann ich ihn beim Weinhändler mV für 5,10 Euro. Schöne Frucht, netter Schmelz, ein preiswerter Spaßwein auf hohem Niveau.
Da gibt’s übrigens Einiges in der Kategorie Unterm5, auch bei den üblichen Verdächtigen unter den Versendern lassen sich preiswerte Weine finden.


Geht doch.