Samstag, 27. April 2013

Noch ein schönes Paar, nein, sechs schöne Paare!

Unsere Paar-Posts basieren irgendwie immer auf Einladungen. Pärchenabende, mit Chili con Carne und Chips und einem Stapel DVDs ... nein!!! Scheeheeeerz.

Aber erst die Foodpairing-Einladung von 180° im Dezember und jetzt die vom Deutschen Weininstitut. Ähnlich und doch GANZ anders.

Das Team des Weininstituts hatte nämlich eine Hand voll  Spitzenköche aus Hongkong unter Leitung von Ronald Shao Tak Lung und Leung Kin Sum sowie die einzige weibliche asiatische MW - die umwerfend kenntnisreiche, souveräne und charmante Jeannie Cho Lee - nach Mainz eingeflogen, um im Vorfeld der Weinbörse das Thema "Perfect Pairings - German Wines & Asian Flavours" zu traktieren.

Ein alter Hut. Restsüßer Riesling und asiatische Aromen. Oder?
Ha! Was heißt "asiatische Aromen"? Thaiküche? Korea? Vietnam? China? China ist nicht China, lasst uns über Regionalküchen reden ... ein weites Feld, das hier nur ansatzweise auf- und angerissen wurde und trotzdem eine Ahnung davon spüren ließ, was geht.



Sechs Gänge, je zwei Weine. Und die mitessenden und -trinkenden Anwesenden sollten entscheiden, welcher Wein besser passt.

Schweinshaxensülze mit Sesamöl-Dill-Pesto und großartiger Sojasauce. Dazu 2011er Riesling Kabinett von Vollrads - erstaunlich präsent - und 2012er Münsterer Kapellenberg von Krüger-Rumpf.
Ersterer ein bisschen zu leicht und trocken, letzterer gut, aber zu süß. Eine Spontancuvée gefiel besser, würde aber unter dem strengen Auge des Gesetzes sicher nicht bestehen.


Krebsfleischfarce in sahniger (Béchamel?)Sauce auf der Krebsschale, paniert und frittiert, wie Jeannie anmerkte "a dish from the 1960ies, inspired by british cuisine". Määäächtig, so eine Art chinesische Königinpastetchen, und genauso old-fashioned. Puh. Der begleitende Weißburgunder Spätlese trocken 2011 von den Burkheimer Winzergenossen machte das Ganze noch buttriger, opulenter, sättigender. Die trockene Weißburgunder Spätlese "Im Sonnenschein" vom Wilhelmshof setzte einen frischen Kontrapunkt und gefiel mir und uns sowohl solo als auch als Paar deutlich besser.



Seebarsch, gedünstet, mit Gelbe-Bohnen-Crunch (der mangels gelber Bohnen durch Kichererbsencrunch ersetzt wurde) und grüner Bohnenpaste. Wow. Der Crunch mit leichter Schärfe, die Paste ein feiner Gegenpol. Dazu endlich wieder Riesling: Großes Gewächs 2010 vom Karthäuserhof, und zwar der Eitelsbacher Karthäuserhof, versus Erstes Gewächs 2010 Hölle von Künstler. An dieser Stelle kann ich wegen Befangenheit kein Votum abgeben, ich meine, Künstler! Hölle! Ist mir doch wurscht, ob der andere möglicherweise eventuell unter Umständen besser passen können würde.

Ente. Vielmehr, Entenfilet unter grober Pecannusskruste. Frittiert, was man höchstens anhand der (unten liegenden) Entenhaut sehen konnte. Spätburgunder. 2009 Deutzerhof gegen 2010 Großes Gewächs Centgrafenberg von Fürst. Ein bisschen unfair, mal ehrlich. Ein toller Einsteiger eines hervorragenden Ahrwinzers mit etwas mehr Reife gegen das Flagschiff aus Franken. Unentschieden.


Mehr Fleisch. Rinderbacken, geschmort in süßlicher Sauce mit Maronen, zum_Niederknien_zart. Wobei: Sooo viel anders als mein Brasato, Susas Daube oder ein Ossobuco war das jetzt auch nicht, nur süßlicher. Dazu noch mal Spätburgunder. 2009 Kastanienbusch von Gies-Düppel, ruppig, stinkig, mineralisch, viel Holz, gegen 2011 von Braunewell - schmeichelnd, vergleichsweise gefällig, himbeerige Joghurtgum-Aromen. Hm. Zum So-Trinken den Rheinhessen, zu diesem Essen den Pfälzer.


Puh. Luft holen. Wasser trinken. Mehr Wasser trinken. Das Finale naht.

Jeannie hatte vorher schon gewarnt, dass asiatische Desserts nichts mit dem gemein hätten, was uns als Nachspeise bekannt ist und auch einer komplett anderen Tradition unterlägen. Guter Punkt.


Auf dem Teller: Frittierter Gluten-Krapfen, dazu ein süßes Mandelsüppchen mit Eiweiß und Papayawürfeln.
Hm. Sehr hm. Der Krapfen ein zäher süßer Teigklumpen mit Sesammantel, der sich allen Zerteilungsversuchen widersetzte. Das Süppchen ... eine Art süße Stracciatella mit zarten Blausäurenoten und Papayawürfeln. Tischnachbarn versicherten, das sei ein sehr authentisches Dessert. Ich war zwar schon in New York, aber noch niemals in Hongkong, ich bestelle eh lieber noch mal ein halbes Dutzend Austern nach dem Essen als etwas Süßes, aber das hier hat mich überrascht und ein bisschen fassungslos gemacht. Ich dachte doch immer, dass ich ein Allesfresser bin.

Zum Glück gab es auch dazu Riesling (!!!), 2002 Auslese Brauneberger Juffer-Sonnenuhr von Richter gegen 2003 Auslese Aulerde von Wittmann. Wieder das Künstler-Dilemma ... Wittmann ... Befangenheitsantrag ... am Tisch gab es aber durchaus andere Stimmen.


Fazit? Viel neuen Input zum Thema chinesische/Hongkong-Küche. Aha-Effekte, was Würzung und Weinbegleitung ausmacht. Ein toller Nachmittag. Vielen Dank an alle Beteiligten.

4 Kommentare:

  1. Danke, das ist ein sehr interessanter Bericht. Bei den Bechamelkrabben und den Dessert hätte ich mich wohl nur auf den Wein konzentriert ;-)

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  2. Krebsen, micht Krabben. Bei der Zubereitung aber auch egal ..

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  3. Herrlicher Bericht, wunderbar geschrieben!

    Und das mit dem Künstler kenne ich. Da hat der Gegner dann eben Künstlerpech...

    Liebe Grüße
    Willi Igel

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  4. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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