Freitag, 30. September 2016

Weinrallye #102 : September

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September. Die meisten Felder sind abgeerntet, dörren in der herbstmilden Sonne vor sich hin. Das Unkraut in den Weinbergen hat aufgehört, wie wahnsinnig zu wachsen. Was an Trauben hängt, reift langsam, aber stetig. Die Tage werden kürzer, die Nächte frischer. Ein eigentlich herrlicher, reifer, in diesem Jahr ungewöhnlich warmer und sonnendurchfluteter Monat geht zu Ende.

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Ein trauriger Monat. Fast auf den Tag zwei Jahre nach der niederschmetternden Diagnose ist unsere liebste Freundin gestorben. Sie hinterlässt eine riesige Lücke  in unseren Herzen, in unserem Freundeskreis, aber auch die Erinnerung an viele wunderbare Erlebnisse, die wir mit ihr teilen durften. Von der skurrilsten Weinprobe bis zur Tatsache, dass Didis kleine Freundin Tita ohne Susa nie bei uns eingezogen wäre.
Und sie hat uns ihre Geschichten hinterlassen, nicht nur, aber auch, ihre Weingeschichten. Darum lassen wir sie noch einmal erzählen - eine Geschichte, die sie genau heute vor zehn Jahren mit uns geteilt hat.


Wein des Tages, 30.09.2006

Wem es nicht zu lästig ist, sich mal durch ein englisch sprachiges Buch zu lesen, und wer sich näher mit dem Thema Bordeaux "How it all began ......"  befassen will, dem sei das Buch "Noble Rot\" von William Echikson empfohlen. Dem ist u.a. zu entnehmen, dass es wohl ein Gut namens Ho-Bryan gäbe, was sozusagen der Urvater des modernen Bordeaux sei.

Nun dieses Gut, Haut-Brion, ist in der Tat etwas ganz Besonderes. Da ist zunächst seine Lage, in dem eher fragwürdigen Vorort Bordeaux' namens Pessac zwischen Supermärkten und ein wenig Kleingewerbe gelegen, von einer festen Mauer umgeben, hinter der alles anders ist. Es ist wie beim Eintreten in einen Zauberwald. Eben noch donnerten Lastwagen durch die kleine Straße, an der Tankstelle gibt es Feuerholz zum halben Preis, Straßenbauarbeiter rufen sich schwer verständliche Flüche zu,... (in diesem Jahr scheint man das internationale Jahr der Straßenbaustelle ausgerufen zu haben; es gibt – vor allem in Frankreich – wirklich keine Straße, an der nicht irgendwo gebaut wird. An dieser Stelle sei vor durch Durchfahrt der D2 hinter Bordeaux bei Eysines schwer gewarnt!).

Und dann durchfährt man das imposante Tor zu Haut-Brion, dahinter Weinfelder, der Boden von hellen Kieseln durchzogen, Rosenstöcke (die Frühwarnsysteme für drohenden Mehltau) an den Rändern, Kellergebäude, Haupthaus, aus den Fenstern dringt schon der verführerische Duft von Fassholz und Wein, den der Maniac auf 500 m gegen den Wind riecht. Und das Schönste – es herrscht eine majestätische Ruhe. Alles zeigt, dass hier jedes Ding die Zeit bekommt, die es braucht.

Einen Haut Brion zu trinken, ist immer ein besonderes Erlebnis; er zählt zu den sog. Premier Crus, den ersten Gewächsen (so 1855 anlässlich der Pariser Weltausstellung .... Naopleon III .... treue Wdt-Leser und Weinfreunde kennen die Geschichte ja).

Ja und eines Abends begab es sich, dass Herr und Frau susa in einem sehr feinen kleinen Restaurant saßen und auf der Karte eine 1979er Haut-Brion zu einem wirklich fairen Preis angeboten wurde. Ja, das wurde nicht lange überlegt .............

1979 Haut-Brion
Pessac-Léognan, Bordeaux


.... immerhin der erste Haut-Brion unseres Lebens, auch wenn uns bewußt war, dass der 79er sicher nicht zu den absolut legendären Jahrhundererzeugnissen des Gutes gehören würde. Die Frage nach dem Dekantieren ja oder nein überließen wir dem fachkundigen Sommelier, der den Wein, kräftig rot, leicht braune Reflexe am Rand, in eine Karaffe gab, diese aber mit einem Stöpsel verschloss. Wir konnten kaum erwarten, bis der erste Schluck im Glas war (davor musste die Vorspeise mit einem Weissburgunder von Heger "erledigt"  werden). Der Wein roch verführerisch gut, sehr würzig, ein wenig nach Waldboden nach einem warmem Sommerregen, ganz leichte Fruchttöne. Im Mund war der Wein recht schlank, aber durchaus elegant, noch leichte Beerennoten und würzige (Zimt, Pfeffer) Aromen am Gaumen, etwas Bitterschokolade, recht kräftige Säure. Wir bekamen eine erste Ahnung, was ein richtig großer Haut-Brion sein würde, wir waren es durchaus zufrieden und beäugten kritisch, dass der Sommelier beim Nachschenken niemanden von uns beiden bevorzugte.

Später habe ich mal von einer Haut-Brion Vertikale auf dem Château gelesen, bei der man den 79er zum Käse gereicht hat. Leider war die Käseauswahl nicht angegeben, aber zu einem aromatischen Hartkäse könnte ich ihn mir sehr gut vorstellen. Wir hatten ihn zu einem Lammbraten im Heu.

Und demnächst steht der 85er Haut-Brion zur Verkostung an; das wird dann ein wirklich großes Ereignis.

Prost!

best
susa 


Zurück in die Gegenwart. Lars aka der Hospitant meldet sich zu Wort:
Verkostungsnotizen von Susa haben wir immer mit Vergnügen gelesen. Nicht nur, weil sie ohne völlig unverständliches Möchtegerngetue daher kamen, sondern ganz einfach, weil sie unter Verwendung alltäglicher Begriffe sehr, sehr präzise waren. Und das vom simplen Rosé bis zum Premier Grand Cru Classé. So auch die oben zitierte VKN des 1979er Haut Brion. 
Ich hatte die Gelegenheit, diesen Wein zu trinken - aber wohlbemerkt ca. zehn  Jahre vor Susa - und kann vom Sofa aus allem zustimmen bis auf das mit der recht kräftigen Säure. Vielleicht wurde die Säure zu meiner Trinkzeit von der seinerzeit noch reichlich vorhandenen Frucht kaschiert?

Ma chère, Danke. 
Nicht nur dafür.  
Wir sehen uns.



*****************************************************************************************************************Die Die Weinrallye ist ein derzeit monatlich stattfindendes Blogevent. Jeweils ein anderes Blog bestimmt ein Thema und ruft die Blogosphäre dazu auf, zu diesem Thema einen Artikel zu verfassen. Sinn und Zweck einer Weinrallye ist einzig und allein der Spass und die Motivation schöne Themen aufzuarbeiten. In diesem Monat ist Wolfgang von Kaquushausmannskost Gastgeber, eine Übersicht und Zusammenfassung gibt es auf der Facebookseite der Weinrallye. Herzlichen Dank an dieser Stelle an Wolfgang und natürlich an Peter Züllig.