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Freitag, 28. November 2014

Weinrallye #80: Nach dem Herbst ist vor dem Herbst

Es ist wieder Freitag, es ist wieder diese Bar Weinrallye, und es fühlt sich ein bisschen an
wie der Groundhog Day. Und dieses Mal sind wir auch noch die Gastgeber!

Also: Ernte 2014 - Eindrücke, erste Bilanz, Meinungen.

Und ich muss dir jetzt erzählen, was mir widerfahren ist... jetzt seh ich die Zukunft positiv, denn ich bin Optimist.


Das Jahr ist irgendwie vorbei gerast, was waren wir froh, deutlich vor dem außergewöhnlich frühen Austrieb mit Schneiden und Binden fertig geworden zu sein. Dann wurde es erst zu Ostern und dann zu Pfingsten richtig warm, nein, heiß, frühe Blüte, die Reben explodierten geradezu, und wir mussten uns beeilen, mit Mähen, Grubbern, Mulchen und Spritzen hinterher zu kommen. Indess: Picobello saubere Laubwände, kein Pilzdruck, keine Krankheiten, bis weit in den Juli hing es wun_der_schön.

Bis zum Tag, als der Regen kam. Und es warm blieb. Und die Peronospora explodierte.
Und es regnete ... Von Woche zu Woche, später von Tag zu Tag konnte man die Menge, die im Juli noch so exorbitant erschien, schrumpfen sehen.

Wo man auch hinschaute und -hörte, wurde aus Skepsis Nervosität, aus Unkenrufen Totengesänge. Der Arschjahrgang 2014 war schon lange vor der Lese geboren (und wurde, um das vorweg zu nehmen, sang- und klanglos beerdigt).

Ja, einfach war der Jahrgang nicht, die Kirschessigfliege tobte bei den roten Sorten, vielerorts gab es Probleme mit Essigfäule, die vor allem bei Anlagen, die vom Vollernter gelesen werden, extrem sorgfältige Vorselektion erforderten. Ach: Und wenn ich noch einmal hören oder lesen muss "Einfach kann jeder! ... liebe Leute, zur Abwechslung hätte ich nichts, aber auch gar nichts gegen einen wirklich einfachen, tollen, gesunden und, wenn man will, überreifen Jahrgang.

Trotzdem - was uns persönlich angeht - wir konnten Anfang Oktober die Trauben aus unseren beiden Rauenthaler Lagen Rothenberg und Wülfen (beide EG-qualifiziert) bei strahlendem Sonnenschein kerngesund in schöner Spätlesequalität ernten.

In unseren Parzellen am Mittelrhein waren die Mostgewichte etwas niedriger, trotzdem schmeckten die Moste konzentriert und intensiv. Hier gibt es in diesem Jahr drei Weine, von der trockenen dicken Kabinettqualität bis zur Auslese.

Die Weine haben sich gut geklärt, sind spontan angegoren und gären zum größten Teil noch langsam vor sich hin, wir werden sie wohl kurz vor oder nach Weihnachten abstechen.
Moderate Säurewerte, viel Extrakt, Reintönigkeit, jetzt schon Tiefe und Druck - kein Ausnahmejahrgang, aber einer, der das Maß wieder zurecht rüttelt, sowohl von der Menge als auch von der Qualität her.

Es ist, es war ein ungewöhnliches, vor allem ein ungewöhnlich warmes Jahr, selbst in unserem an sich kühlen Keller herrschten bis vor zwei Wochen noch so hohe Temperaturen, dass wir durch Bodenbenässung und Lüftung kühlen mussten.
Bis vorgestern hingen im Rheingau und am Mittelrhein überall in den Weinbergen noch reichlich Blätter an den Reben, dann kam zum Glück eine richtig kalte Nacht, und nun dürften sich die Stöcke in den Winterschlaf verabschiedet haben. Was bedeutet, dass wir mit dem Schneiden anfangen können und ein neuer Zyklus beginnt - nach der Lese ist vor der Lese.

Und keine Angst, nach so viel Weinbergsprosa gibt es auch etwas zu trinken. Denn wir konnten ein lang gegebenes Esseneinladungsversprechen wahr machen. Leider - aus Gründen - nur mit der Hälfte der erwarteten Gäste, aber wir haben ein Glas auf der Abwesenden Wohl getrunken und rechnen für das Nach-dem-Herbst-Essen 2015 fest mit ihnen.





Es gab ein einfaches, aufgebohrtes Essen rund um die tote Wildsau, sprich, Wildsaugulasch von der Rheingauer Wutz mit Vanillewirsing und Semmelknödelbuttermilchsoufflée im Zentrum nach einer klaren Steinpilzessenz (chakka!), Selleriegedöns nach Bushcook davor und noch vorher marinierten Saibling mit Gemüsekram und Wurzelchips. Danach ein Safraneis, Exotensalat und Orangenblätter und zum Schluss Salt&Pepper-Brownies.

Nix Experimentelles, gut vorzubereiten und bodenständig.
Und eigentlich nur der Anlass, was Anständiges zu Trinken auf den Tisch zu stellen. (Rezepte liefere ich auf Wunsch gerne nach).

Ich erspare Euch die Strecke (oder wollt Ihr???) und nenne nur zwei - persönliche - Highlights - Anfang und Ende, sozusagen. Beides sind übrigens Tropfen aus Gammel- und Arschjahren, das nur am Rande.

Vorweg - warum in die Ferne schweifen, wenn Kollegen sowas Schönes machen:

2006
Ratzenberger 
Spätburgunder Blanc de Noir brut
Sekt
13 %

In der Nase reife Walderdbeertöne, kräutrig, süßlich, nussig, würzig.
Auf der Zunge wieder Erdbeeraromen, Zitrus, weiche Nussaromen, saftig und schön trocken zugleich, das alles ungemein cremig mit viel Schmelz, dicht und fest und dabei sehr elegant, feines Mousseux, sehr gute Länge.
Chapeau! Ein großartiger deutscher Sekt, der sechs !!! Jahre auf der Hefe lag und sicher nicht nur in Deutschland in der Top-Liga mitspielt - toll gemacht, Jochen Ratzenberger!
(Und das Beste: Man kann ihn ab Hof noch kaufen!)

Nach diversen Rieslingen, Chardonnays, Spätburgundern und Bordeaux sowie dem einen oder anderen Piraten ging es zum Schluss noch mal nach Osten, genauer gesagt, ins Burgenland zu Bernhard Fiedler. Von dem hatten wir nämlich im Rahmen einer Blogger-Wichtel-Aktion und einer folgenden Weinkistentauscherei unter anderem eine Flasche

2006 
Grenzhof Fiedler
Beerenauslese
süß (ACH!)
13,5% 

bekommen. Ja, eine süße BA mit 13,5%.
In der Nase getrocknete Birnen, leicht bitter-nussig, etwas Waldboden und feuchtes Laub.
Auf der Zunge eher leicht im Stil, süßliches Dörrobst, schöne Würze, pilzige Noten, ordentlich Säure, viel Druck, schöne Länge.

Ein guter Ausklang eines einfachen Menüs, der Abend wurde dann noch etwas länger, aber davon bei Gelegenheit mehr.

Und nun hoffe ich auf viele Mitfahrer bei dieser Weinrallye, die ersten habe ich bereits gesichtet. Und freue mich besonders auf die nächste, die von unserer Mistress of Bordeaux, Susa, auf hundertachtziggrad ausgerichtet wird. Cheerio, old Sophie duck!

Donnerstag, 20. März 2014

Usselig? Hyggeligt! Æbleskivertid!

(Usselig - westfälisch/norddeutsch für eklig, unangenehm, unschön. Hyggeligt - dänisch für gemütlich, nett, warm, vertraut. Æbleskivetid - Aebleskiverzeit!!!)

Ich bin bekennende Winterhasserin. Gut, es muss nach einem langen goldenen Oktober auch mal kalt werden.
Meinetwegen.
Ist ja auch gut für die Natur. Und so.
Meinetwegen.
Weiße Weihnacht, Gänsebraten, Grünkohl, Rotweinfondue. Ein paar Tage klirrende Kälte, ordentlich Schnee und blauer Himmel.
Meinetwegen.
Dann ist es aber auch echt gut! So weit die Idealvorstellung.

Tatsächlich herrscht hier aber gefühlt von Mitte November bis mindestens !!! Mitte März graunasskaltes Matschepampeschlechtelaunewetter. Pfui. Mit ein bisschen Glück auch noch mit sibirischer Kälte und ewigem eisigen Nordostwind garniert. Doppelpfui.

Da trifft es sich gut, dass Bushcook zu ihrem Bloggeburtstag zu "Soulfood" aufruft. Wenn es draußen schon scheusslich ist, lässt es sich drinnen bei wärmendem, tröstlichen Essen deutlich besser aushalten. 

http://www.bushcook.de/2014/02/3-jahre-bushcooks-kitchen-gratulieren.html Soulfood, das ist für mich ...
Hühnersuppe, logisch. 
Spaghetti carbonara (OHNE Sahne).
Rührei mit Krabben.
Selbstgemachter (ach!) Kartoffelbrei mit brauner Butter.
Erbsensuppe mit Grießklößchen.
Ewig geschmortes Gulasch.
Alles wenig originell und wenig photogen.

Und, seit einigen Jahren, Æbleskiver.
Das fünfte oder sechste dänische Wort, das ich lernte, die unaussprechliche Köstlichkeit kannte ich schon vorher.
Æbleskiver, kleine, pfannenwarme Küchlein, ursprünglich mit Apfelstückchen gefüllt, gebacken in einer speziellen Pfanne, die der holländischen Poffertjespfanne oder dem deutschen Pendant für Pfitzauf oder (P)Förtchen gleicht. Gusseisen, sieben bis neun Löcher.
Eine relativ unsüße, dampfend warme Köstlichkeit, die wunderbar mit Puderzucker, Marmelade, Vanilleeis und einer nicht zu süßen Auslese harmoniert und mit der man unkompliziert Heerscharen gieriger Teenager abfüttern kann.

Das perfekte Wintersoulfood.

Was mich zum Winter zurück bringt, der keiner war.
Der Panther hatte schon im Oktober den denkbar dichtesten Winterpelz, aber ab Mitte Februar mühte er sich sichtlich, ihn los zu werden. Wir waren so früh wie noch nie mit dem Rebschnitt fertig, und so früh wie noch nie mit der Zeit im Nacken. Und so nutzen wir mit diesem Wochenende die wohl letzte Gelegenheit des ersten Halbjahres 2014, Wintersoulfood auf den Tisch zu bringen.

Æbleskiver fast nach Fräulein Jensen

Fräulein Jensen ist jedem Dänen ein Begriff, und vielen Deutschen auch, vor allem denjenigen, die sich in einem der großen deutschen Kochforen herumgetrieben haben. Ich bin durch besondere Umstände in den Besitz einer älteren Ausgabe dieses dänischen Standardwerks gelangt, das an den entscheidenden Stellen (Pankager/Aebleskiver/ Schweinebraten / Lammbraten ) gewisse Gebrauchsspuren aufweist. Erstaunlicherweise wirken die Seiten mit den vegetarischen (ok, damals hieß das "fleischlosen") Hauptgerichten geradezu jungfräulich.

Die Dessertabteilung ist dagegen ordentlich vollkleckert, Fettspritzer, Teigreste, alles, was das Herz begehrt. Und für fast jeden Klassiker mindestens zwei Grundvarianten, die wir aus Erfahrung in diesem Fall durch eine dritte ergänzt haben.
 
 



Æbleskiver III


200 g Mehl
2,5 TL Backpulver
1 EL Zucker
1 gute Prise Salz
200-250 l Schlagsahne
50 g geschmolzene, lauwarme Butter
4 Eier, getrennt
1 Messerspitze Vanillemark
feingeriebene Schale von 1/2 Biozitrone, besser: 1/4 Biozitrone und 1/4 Bioorange
ein beherzter Schuss Orangenlikör

zum Servieren
Puderzucker
Marmelade (gerne gute Orangenmarmelade)
Vanilleeis
etcpp.

Mehl, Backpulver, Zucker, Vanillemark und Schalenabrieb mischen, mit den Eigelben und der Butter sowie etwas mehr als der Hälfte der Sahne und dem Likör verrühren. Eiweiß mit Salz steifschlagen und unterziehen. Ggf so lange mehr Sahne unterrühren, bis die Masse etwas flüssiger als ein normaler Rührteig, aber deutlich fester als ein Pfannenkuchenteig ist.

Die Backform mit ganz wenig Butter auspinseln, erhitzen, in jede Mulde bis ca. 4 mm unter den Rand Teig einfüllen. Bei mittlerer Hitze backen, die Teigstücke mit Hilfe einer Gabel wenden, wenn die Kruste unten fest genug geworden ist und der Teig oben nicht mehr flüssig ist. Fertig backen, auf einem Teller im Ofen bei 80 Grad warmhalten, bis der gesamte Teig verbacken ist. Warm servieren, sofort essen und entweder eine Tasse echte heiße Schokolade oder ein Glas Auslese dazu genießen.

Das macht glücklich, Glückwunsch!

Samstag, 27. April 2013

Noch ein schönes Paar, nein, sechs schöne Paare!

Unsere Paar-Posts basieren irgendwie immer auf Einladungen. Pärchenabende, mit Chili con Carne und Chips und einem Stapel DVDs ... nein!!! Scheeheeeerz.

Aber erst die Foodpairing-Einladung von 180° im Dezember und jetzt die vom Deutschen Weininstitut. Ähnlich und doch GANZ anders.

Das Team des Weininstituts hatte nämlich eine Hand voll  Spitzenköche aus Hongkong unter Leitung von Ronald Shao Tak Lung und Leung Kin Sum sowie die einzige weibliche asiatische MW - die umwerfend kenntnisreiche, souveräne und charmante Jeannie Cho Lee - nach Mainz eingeflogen, um im Vorfeld der Weinbörse das Thema "Perfect Pairings - German Wines & Asian Flavours" zu traktieren.

Ein alter Hut. Restsüßer Riesling und asiatische Aromen. Oder?
Ha! Was heißt "asiatische Aromen"? Thaiküche? Korea? Vietnam? China? China ist nicht China, lasst uns über Regionalküchen reden ... ein weites Feld, das hier nur ansatzweise auf- und angerissen wurde und trotzdem eine Ahnung davon spüren ließ, was geht.



Sechs Gänge, je zwei Weine. Und die mitessenden und -trinkenden Anwesenden sollten entscheiden, welcher Wein besser passt.

Schweinshaxensülze mit Sesamöl-Dill-Pesto und großartiger Sojasauce. Dazu 2011er Riesling Kabinett von Vollrads - erstaunlich präsent - und 2012er Münsterer Kapellenberg von Krüger-Rumpf.
Ersterer ein bisschen zu leicht und trocken, letzterer gut, aber zu süß. Eine Spontancuvée gefiel besser, würde aber unter dem strengen Auge des Gesetzes sicher nicht bestehen.


Krebsfleischfarce in sahniger (Béchamel?)Sauce auf der Krebsschale, paniert und frittiert, wie Jeannie anmerkte "a dish from the 1960ies, inspired by british cuisine". Määäächtig, so eine Art chinesische Königinpastetchen, und genauso old-fashioned. Puh. Der begleitende Weißburgunder Spätlese trocken 2011 von den Burkheimer Winzergenossen machte das Ganze noch buttriger, opulenter, sättigender. Die trockene Weißburgunder Spätlese "Im Sonnenschein" vom Wilhelmshof setzte einen frischen Kontrapunkt und gefiel mir und uns sowohl solo als auch als Paar deutlich besser.



Seebarsch, gedünstet, mit Gelbe-Bohnen-Crunch (der mangels gelber Bohnen durch Kichererbsencrunch ersetzt wurde) und grüner Bohnenpaste. Wow. Der Crunch mit leichter Schärfe, die Paste ein feiner Gegenpol. Dazu endlich wieder Riesling: Großes Gewächs 2010 vom Karthäuserhof, und zwar der Eitelsbacher Karthäuserhof, versus Erstes Gewächs 2010 Hölle von Künstler. An dieser Stelle kann ich wegen Befangenheit kein Votum abgeben, ich meine, Künstler! Hölle! Ist mir doch wurscht, ob der andere möglicherweise eventuell unter Umständen besser passen können würde.

Ente. Vielmehr, Entenfilet unter grober Pecannusskruste. Frittiert, was man höchstens anhand der (unten liegenden) Entenhaut sehen konnte. Spätburgunder. 2009 Deutzerhof gegen 2010 Großes Gewächs Centgrafenberg von Fürst. Ein bisschen unfair, mal ehrlich. Ein toller Einsteiger eines hervorragenden Ahrwinzers mit etwas mehr Reife gegen das Flagschiff aus Franken. Unentschieden.


Mehr Fleisch. Rinderbacken, geschmort in süßlicher Sauce mit Maronen, zum_Niederknien_zart. Wobei: Sooo viel anders als mein Brasato, Susas Daube oder ein Ossobuco war das jetzt auch nicht, nur süßlicher. Dazu noch mal Spätburgunder. 2009 Kastanienbusch von Gies-Düppel, ruppig, stinkig, mineralisch, viel Holz, gegen 2011 von Braunewell - schmeichelnd, vergleichsweise gefällig, himbeerige Joghurtgum-Aromen. Hm. Zum So-Trinken den Rheinhessen, zu diesem Essen den Pfälzer.


Puh. Luft holen. Wasser trinken. Mehr Wasser trinken. Das Finale naht.

Jeannie hatte vorher schon gewarnt, dass asiatische Desserts nichts mit dem gemein hätten, was uns als Nachspeise bekannt ist und auch einer komplett anderen Tradition unterlägen. Guter Punkt.


Auf dem Teller: Frittierter Gluten-Krapfen, dazu ein süßes Mandelsüppchen mit Eiweiß und Papayawürfeln.
Hm. Sehr hm. Der Krapfen ein zäher süßer Teigklumpen mit Sesammantel, der sich allen Zerteilungsversuchen widersetzte. Das Süppchen ... eine Art süße Stracciatella mit zarten Blausäurenoten und Papayawürfeln. Tischnachbarn versicherten, das sei ein sehr authentisches Dessert. Ich war zwar schon in New York, aber noch niemals in Hongkong, ich bestelle eh lieber noch mal ein halbes Dutzend Austern nach dem Essen als etwas Süßes, aber das hier hat mich überrascht und ein bisschen fassungslos gemacht. Ich dachte doch immer, dass ich ein Allesfresser bin.

Zum Glück gab es auch dazu Riesling (!!!), 2002 Auslese Brauneberger Juffer-Sonnenuhr von Richter gegen 2003 Auslese Aulerde von Wittmann. Wieder das Künstler-Dilemma ... Wittmann ... Befangenheitsantrag ... am Tisch gab es aber durchaus andere Stimmen.


Fazit? Viel neuen Input zum Thema chinesische/Hongkong-Küche. Aha-Effekte, was Würzung und Weinbegleitung ausmacht. Ein toller Nachmittag. Vielen Dank an alle Beteiligten.

Montag, 4. Februar 2013

Ey, Schnecke!

Auf der Liste der am meisten überschätzten Kochaktionen steht eine bei mir ganz weit oben.
Backen.
Brot backen oder Seelen backen oder Waffeln, ok, meinetwegen.
Kuchen backen .... ohje. Torten? No, Sir! Und neckisches Kleingebäck schon dreimal nicht.
Nein, auch keine Weihnachtsplätzchen.
Ich bin zur staatlich anerkannten Backniete mutiert.

Dabei geht es mir wie Astrid, als Jugendliche habe ich meine Familie jeden Sonntag mit einer kunstvoll verzierten Torte verzückt, zu Weihnachten 17 (!!!) Sorten Plätzchen produziert, die rationiert an den Adventssonntagen zum Kaffee gereicht wurden, ich sage nur, Baseler Leckerli ... und dann kam die erste Studentenbude, dann fand ich es grausam, dass an gruseligengemütlichen PärchenSpieleabenden Chili mit Knaggifix gekocht wurde, dann entdeckte ich Italien als heimliche Heimat, und fortan stellte ich das juvenile Teigrühren und Sahnespritzen ein und KOCHTE.

Nach Gefühl, nach Rezept, nach Kochbüchern großer Könner. Ich besitze genau EIN, falsch, seit letztem Sommer DREI Backbücher. Und ungezählte Kochbücher, wenn auch sicher nicht so viele wie Dorothée. (Exkurs: Trotzdem eigentlich zu viele, um irgendwann einmal umzuziehen.)

Aber wie es das Schicksal will, kommt der Hospitant aus dem Land, in das seinerzeit Konditoren aus der KuK-Monarchie die Rezepte für feinstes Plundergebäck getragen haben. Wienerbrød heißt dort das, was bei uns unter dem Namen "Kopenhagener" bekannt ist.

Wienerbrød, das sind Kringle, Spandauer, Brunsviger und Snegle. Snegle sind Schnecken, die gibt es mit Zimtzucker, Rosinen, Schokolade, Blaubeeren, Rumglasur ... Schnecken halt.

Dummerweise stolperte ich beim Surfen unlängst über eine Seite mit einem wunderbar anmutenden Kanelsnegle-Rezept. Kardamom im Teig, Zucker und Zimt in der Füllung, eine kurze Nachfrage ergab: Ja, das mag der Mann. Hm. Ich bin zwar eine Backniete, aber ich habe schon noch einen Funken Ehrgeiz im Leib.

Projekt: Danske Kanelsnegle. Rezepte wälzen. Frøken Jensen hat die Sparvariante ohne Eier und mit Margarine. Hm. Das verlinkte Rezept ist echt fett. Birthe Karen Jensen favorisiert echten Plunderteig.
Eingekauft ist, Sonntagmorgen ist auch, und ich stelle fest: das Birthe Karen Jensen Rezept ist zwar toll, aber SO aufwändig, dass das heut nix mehr wird. Accidenti!

Ich erzähle an den Fässern von meiner Teilniederlage und Gabi Würtz schwärmt sofort: "Zimtschnecken! Ich les' ja gerade diese ganzen skandinavischen Krimis und da essen alle ständig Zimtschnecken!" Stimmt. Könnten wir auch. Ich müsste einfach nur mal welche backen. DIE KANN MAN HIER NÄMLICH NICHT KAUFEN. Macarons und Co., klar, ich sage nur: Florian Köller. Aber banale Hefezimtschnecken? Projekt vertagt.

Same place, eine Woche später. Ich schäle mich frühmorgens aus dem Bett und setze Hefeteig an. Staune über die hohe Hefemenge, staune über die viele Butter und die Sahne und gebe mehr Hefe dazu. Frage mich, ob dieser klebrige schwere Brei je gehen wird. Knete noch etwas Mehl unter.

Verknete viel, viel weiche Butter mit Muscovadozucker und Zimt.

Lupfe das Tuch von der Teigschüssel. Hm.

Werfe Rosinen ins Calvadosbad. Koche endlich erst mal Kaffee.

Heize den Ofen auf 225° vor, rolle den Teig aus, bestreiche, rolle auf, schneide und verteile auf Backpapier. Sieht gar nicht übel aus. Erstes Blech wandert in den Ofen WELCH EIN DUFT!
Aus der zweiten Portion werden größere, dünnere Schnecken. Erste Portion ist fertig, ich lerne, was ich eigentlich wusste: Flüssige Zucker-Butter-Masse ist VERDAMMT heiß und klebt an Kochlöffeln wie'd Sau. Abkühlen lassen ist schlauer, dann fallen die Dinger auch nicht auseinander.

Stunden später (ok, eine). Wir an den Fässern. MIT Schnecken. Zimtschnecken. Dänischen Zimtschnecken.
Die erste kriegt Romy, die zweite der Wertz. Der inhaliert das Ding. Die nächsten gehen auch weg, die letzten liegen eingepackt hier.








Zimtschnecken backen. Ey, geht doch, Schnecke!
Ach so: Und zwar genau SO.

Teig:

400g Mehl (möglichst Manitoba)
35 g Hefe
200g Butter
100 ml Sahne
100 ml Milch
1 Ei
1/2 Tl Salz
1 Tl gemahlener Kardamom
50 g Zucker

Mehl sieben, mit Kardamom und Salz mischen. Sahne und Milch erwärmen, Hefe darin auflösen, Zucker zugeben. Weiche Butter und Ei zum Mehl geben, Hefe-Milch-Mischung dazu, alles verkneten. Ggf. Mehl zugeben, der Teig darf nicht mehr NUR klebrig sein. 40-80 Minuten gehen lassen, das Volumen sollte sich verdoppeln.

Füllung
200 g Butter
100 g heller Muscovadozucker
50 g Haushaltszucker
2 TL Zimt

1-2 Eigelb zum Bestreichen

Weiche Butter gründlich mit Zucker und Zimt verkneten.

Teig rechteckig ausrollen, nicht zu dünn mit Füllung bestreichen (mein erster Versuch: ca. 5 mm Teig, ca. 3 mm Füllung), aufrollen, in Scheiben schneiden, auf  Backpapier aus Backblech setzen, leicht eindrücken, mit verkleppertem Eigelb bestreichen.
Backen.


Abkühlen lassen. Essen. Aber zackig!



Montag, 30. Januar 2012

Ich habe einen an der Waffel!

Und zwar einen an der Hefewaffel. Gebacken als Luxusversion eines dänischen Hefewaffelrezeptes, handgetippt, aus dem Jahr 1965. Da:


Wir wollen Waffeln backen. Seit Wochen. Speziell für diese Waffeln bzw. den Upgrade in die Präsidentenklasse musste unbedingt ein ganz besonderer Orangenlikör erstanden werden. Und weil der Händler auf der Weihnachtspräsentation nur Probeflaschen dabei hatte und wir abends im Onlineshop bestellten, fiel uns noch eine Flasche Armagnac in das Rettungsboot den Warenkorb. Ups!




Der erste Waffelbackversuch ergibt essbare, aber nicht überragende Waffeln. Der Hospitant behauptet, Muttis Waffeln seien mit Hefe gemacht worden. Hefewaffeln? Ich bin war skeptisch. Das Rezept kommt per Post, die Zutaten sind im Haus. An die Waffeln!



 Erster Lerneffekt: Wenn Du backen und bloggen willst, sollte die Digicam auffindbar und dann auch noch aufgeladen sein. Und Zutaten kann man hübsch arrangiert photographieren und damit auch den speziellen Kick bildlich dokumentieren, wenn man nicht erst daran denkt, wenn das Ganze schon eine gärende goldgelbe Pampe ist. Die photographiert nicht übermäßig photogen ist.



 Grundrezept:

500 g Mehl
6 Eigelb
250 g Butter
25 g Hefe
300-400 ml Milch

Weil wir nur Waffeln für zwei statt für zwölf backen wollen, halbieren wir das Rezept, streichen das Abendessen und haben eh vergessen, mittags was zu essen.

Die Butter wird geschmolzen, die Hefe in der Milch aufgelöst und dann alles zu einem glatten Teig verrührt.
Wir fügen hinzu - für die halbe Menge:
eine gute Prise Salz
einen Esslöffel Zucker
abgeriebene Schale und Saft einer Bioorange
(das nächste Mal die Schale zweier Bioorangen)
abgeriebene Schale einer Biozitrone
Saft einer halben Biozitrone
einen GUTEN Schuss Orangenlikör
einen GUTEN Schuss Armagnac

Alles verrühren, eine halbe Stunde gehen lassen.
Und dann ... backen.
 Absolut waffelscheinpflichtig!

Dazu gibt es, überraschenderweise, Wein.

2005
Bacharacher Hahn
Riesling Auslese
Toni Jost, Hahnenhof
8,5%

Honig, reifes Steinobst, Orangenschalen im Duft.
Auf der Zunge nicht übermäßig süß, karamellig und etwas nussig, kandierte Zitrusfrüchte, Orangeat, Pomeranzen, moderate Säure. Schön konzentriert, aber nicht übermächtig. Macht auch beim zweiten Gläschen nicht satt. Ist ja auch nur ne Zweidrittelflasche. Und quasi alkoholfrei.
Ein reifer, aber absolut nicht überreifer Wein, der immer noch Potential hat und perfekt zu den Waffeln passt.

Erstanden übrigens in einer Gaststätte mit dem schönen Namen "Deutsches Haus" in Kaub, über die demnächst hier zu lesen sein wird. Nur so viel vorab: Der Laden hat eine Weinkarte, die man der Fassade und der Speisekarte nicht ansieht und verkauft ALLE Weine auch außer Haus zu Preisen, die mich seinerzeit nach Luft schnappen ließen.

Und so musste ich leider die letzten beiden Flaschen dieses wunderbaren Weines erstehen - Wanderer, kommst Du nach Kaub und kehrst im Deutschen Haus ein, der 2005er steht möglicherweise noch auf der Karte, aber er liegt in meinem Keller.